Die Suche nach der Black Box: „Victor“ soll das Rätsel lösen

Nach dem Absturz der Air France Maschine geben Experten dem Tauchroboter trotz widriger Umstände gute Chancen, die Box am Meeresgrund zu Bergen.
Der Appell klingt fast verzweifelt: „Bitte raten Sie nicht, was passiert ist“, sagte der französische Chefermittler Paul-Louis Arslanian in Richtung Presse. „Wir wissen nicht einmal den genauen Unglückszeitpunkt.“ Mit großen Aufwand versuchen die Behörden, die Hintergründe des Todesflugs AF 447 zu erhellen. Einer der modernsten Tauchroboter der Welt soll dabei helfen. Er ist an Bord eines Forschungsschiffs auf dem Weg in die Unglücksregion.
„Victor 6000“ soll auf dem Meeresgrund zwischen Südamerika und Westafrika die „Blackbox“ suchen, den Flugrekorder mit den entscheidenden Daten aus den letzten Sekunden vor dem Crash.
„Victor“ ist einer von vier unbemannten Geräten in Europa, die in den Tiefen von 4 bis 5000 Metern operieren können. Zwei weitere davon gibt es in Deutschland. „Das ist eine Herausforderung“, sagt Albert Gerdes vom Zentrum für marine Umweltwissenschaften (Marum) an der Uni Bremen. Marum hat in der Region mit unbemannten Tauchrobotern geforscht: „Dort ist es gebirgig, es gibt Hänge und Klippen“, sagt Gerdes. „Die Tiefenströmungen können so stark sein wie in den Bergen der Föhn“, sagt der Forscher. Dennoch hält er es nicht für ausgeschlossen, dass der Roboter die „Blackbox“ findet.
Das Kabel wiegt eine Tonne auf Tausend Meter
„Das ist aber nur das Endspiel“, sagt Friedrich Abegg von Leibniz-Zentrum für Meereswissenschaften an der Uni Kiel. „Wenn die Absturzstelle gefunden und der Meeresboden kartografiert ist, dann kann der Roboter suchen.“ An der Uni Kiel arbeitet Abegg mit dem „ROV Kiel 6000“. Der fünf Millionen Euro teure Roboter kann auch auf 6500 Meter Tiefe tauchen. Vier Stunden braucht er dabei für den Weg nach unten, gesteuert wird der Roboter mit einem Datenkabel von Bord des Schiffs: „Das Kabel wiegt eine Tonne auf 1000 Meter“, sagt Abegg. „Da unten sieht der Roboter im besten Fall 50 Meter weit.“ Rund 24 Stunden können „Victor“ oder „ROV Kiel“ am Meeresgrund arbeiten, dann wird die Energie für die Scheinwerfer und die Videokameras knapp. Außerdem müssen die „Piloten“ im Mutterschiff ausruhen. „In dieser Zeit können Sie vielleicht 5000 Quadratmeter absuchen“, sagt Abegg.
Gestern fand die brasilianische Luftwaffe ein sieben Meter großes Wrackteil. Neben einem Flugzeugsitz und Öllachen sind das die einzigen konkreten Überreste der Katastrophe. Es gibt Meldungen über vereiste Instrumente und eine Umkehr des Piloten angesichts der 200 Kilometer breiten Unwetterfront. Darauf lasse der Fundort der Wrackteile schließen. Unfall-Ermittler Arslanian wollte dazu nichts sagen. Klar ist nur: Das Unglück kam so plötzlich, dass aus der Kabine niemand mehr einen Notruf absetzen konnte.
Matthias Maus