Die Papa-Plauze

Männer, lasst das Fitness-Studio heute sausen und greift zur Pizza: Eine leichte Fettschicht um die Hüften gilt jetzt als sexy
von  Gregor Tholl
Auch ein Waschbär-Bauch kann schön sein.
Auch ein Waschbär-Bauch kann schön sein. © dpa

Männer auf der ganzen Welt werden durchatmen: Der durchtrainierte Männerkörper ist out! Der dezente Bierbauch ist das neue Schönheitsideal (natürlich nur beim Mann). Diese These wird derzeit in den Medien und im Netz leidenschaftlich diskutiert. Das neue Phänomen heißt „Dad Bod“ (auch Daddy Body oder Dadbod), übersetzt: ein „Papakörper“.

Woher der Trend kommt: Als Ausgangspunkt der Diskussion um die Papa-Plauze gilt ein Artikel der Studentin Mackenzie Pearson (19) von der Clemson University im US-Staat South Carolina in einem Online-Magazin. Titel: „Warum Frauen Papa-Körper mögen.“ So sieht jetzt der angeblich perfekte Männer-Bauch aus: Der „Dad Bod“ ist laut Studentin Pearson eine gute Balance zwischen Bierbauch und trainiertem Oberkörper. Normalgewichtige Männer, die gelegentlich ins Fitnessstudio gehen, aber auch gern trinken und bei Pizza zulangen, haben ihn. Dad-Bod-Männer sind gesund, fit und wirken natürlich, doch auf den Bauchmuskeln haben sie eine weiche Fettschicht.

Wenn Männer ihre Bäuche in die Kamera halten: Im Netz ist der Trend schon voll angekommen. Zig Männer rücken ihre Kugel ins rechte Licht und veröffentlichen die Bilder bei Twitter.

Warum Frauen das gut finden: Pearson vertritt in ihrem Text auch die These, neben einem weichbäuchigen Mann fühle frau sich weniger verunsichert über den eigenen Körper. Daher kommentierten einige Leser rasch, die Dad-Bod-Begeisterung liege womöglich nur an zu wenig weiblichem Selbstbewusstsein.

Warum das neue Ideal auch für Beziehungen gut ist: „Die Optimierung des eigenen Körpers und das permanente Arbeiten an ihm ist heute sehr dominant und erfordert viel Anstrengung. Es scheint, als sehnten sich viele danach, sich auch mal wieder ein bisschen entspannen zu können“, sagt der Wirtschaftspsychologe Tilman Eckloff von der Business School Berlin. Gerade in Beziehungen, wo man sich eigentlich angenommen fühlen wolle, wie man sei, könne es schwer werden. „Wenn jetzt der Partner nicht dem Ideal entspricht und man diese Kategorie aufwertet, indem man „Frauen mögen Papakörper“ verkündet – kehrt eine gewisse Entspannung im Geschlechterverhältnis ein.“

Warum sich der Trend in der Mode wohl kaum durchsetzen wird: Der „GQ“-Stilexperte Marco Rechenberg glaubt, dass die Bedeutung eines trainierten Körpers in den letzten zwei Jahren noch einmal erheblich zugenommen habe. Das zeige die Allgegenwärtigkeit muskulöser Männer im Straßenbild, „Dass nun die Bewegung des Dadbods kommt, liegt in der Natur von Trends, in deren Entstehung bereits der Gegentrend angelegt ist. Das stolze Bekenntnis zum Bauch ist also allenfalls ein Rückzugsgefecht – in Anzeigenkampagnen und Modemagazinen wird sich der Look nicht durchsetzen.“

Aber: Kein Grund, den Bauch wieder einzuziehen: Was Menschen im wahren Leben attraktiv finden, werde vom Fitnesswahn kaum berührt, meint Marco Rechenberg. „Genau so, wie Frauen mit Kurven von vielen gemocht werden, gilt dies auch für Männer mit gemütlicher Papafigur. Herz und Bett sind trendfreie Zonen.“

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