Die Papa-Offensive

Nie haben Väter sich so intensiv um ihre Kinder gekümmert wie heute. Was die Söhne und Töchter gewinnen
von  Abendzeitung
Papa an der Hand - das macht Kinder stark fürs Leben.
Papa an der Hand - das macht Kinder stark fürs Leben. © dpa

Nie haben Väter sich so intensiv um ihre Kinder gekümmert wie heute. Was die Söhne und Töchter gewinnen

Sie sind vielleicht nicht die besseren Mütter. Aber ganz sicher sind die Männer der neuen Vätergeneration die besten Papas, die deutsche Kinder je hatten. Am Donnerstag, wenn Vatertag ist, wird ein ganzes Heer junger Männer mit einer liebgewonnenen Herren-Tradition brechen: Motorradtour mit den Spezln? Trinkgelage? Almhüttenhopping? Bittschön ein andermal. Papa fährt ins Vater-Sohn-Indianerlager, zum Mädchen-Fußball, zur Kanutour mit der Nachkommenschaft. Vatertag? Ist Kindertag.

Familienforscher sind sich einig: Nie haben sich Väter so und intensiv um ihren Nachwuchs gekümmert wie heute. Junge Männer geben Fläschchen, schieben Buggys durch Supermärkte, planschen im Kinderschwimmen mit und belagern Spielplätze so unverkrampft wie Elternabende in der Kita. Das neue Elterngeld hat geweckt, was in vielen Vätern schlummerte: Jeder fünfte junge Papa nimmt inzwischen Elternzeit. Sechs von zehn träumen laut einer Umfrage der Uni Eichstätt davon, für ihr Kind eine Jobpause einzulegen. Bei jungen Männern steigt der Wunsch nach einem Kind. 2001 gaben sie als „ideale Kinderzahl“ 1,66 an, jetzt sind es 2,17.

Wer Kinderliebe lebt, gilt längst nicht mehr als Weichei

Mann kann sich nicht mehr zurückziehen auf die Geldverdienerrolle, wie die Familienpatriarchen des vergangenen Jahrhunderts. Und er will es auch nicht mehr. Weil Kinderliebe leben keine Weichei-Schande mehr ist, und weil mit Muskelkraft und Jobfixierung allein nicht mehr zu bestehen ist gegen die Frau, die Kinder-Küche-und-Karriere unter einen Hut bringt.

„Der Trend wird anhalten“, prophezeit Zukunftsforscher Dirk Bathen. „Männer werden zuhause auch aufzuholen, worin Frauen (noch) überlegen sind: Kommunikations- und Teamfähigkeit, Emotionale Intelligenz.“

Ein Segen für die Kinder. Väter beeinflussen das Selbstwertgefühl der Sprösslinge positiv. Sie sind für die psychosoziale und intellektuelle Entwicklung des Kindes „unverzichtbar“, sagt Väterforscher Wassilios Fthenakis.

Macht nix, wenn die Mama schimpft. Sie hat nicht immer recht

Für die Söhne ohnehin, denen im Alltag mit Müttern-Erzieherinnen-Lehrerinnen massiv männliche Vorbilder fehlen. Wie soll ein Bub auch lernen, wie ein Mann Krisen bewältigt, wenn es ihm (außer im Fernsehen und Computerspiel) keiner vormacht? Wie soll er sich lösen von einer allgegenwärtigen Mutter und beziehungsfähig werden, wenn kein Vater Einfluss nimmt? Väter gehen wilder und mutiger an Herausforderungen heran. „Da darf ein Kind sich dreckig machen und das Knie aufschlagen“, sagt Psychotherapeuten Stefan Woinoff. Sie reagieren mal gelassener, mal aufbrausender als Mütter und zeigen so ein breites Spektrum an Verhaltensweisen. „Es ist eine Wohltat für ein Kind, zu erleben, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt. Dass es nix macht, wenn die Mama schimpft, weil sie nicht immer recht hat.“ Väter sollen getrost ein enges Mutter-Sohn-Verhältnis „stören“.

Doch auch die Entwicklung ihrer Töchter beeinflussen präsente Väter ganz augenfällig. „Fühlt ein Mädchen sich verständnisvoll angenommen, spürt es, dass es für den Vater kein störendes kleines Kind ist, dann wird es sich auch als Frau nicht leicht dominieren lassen“, erklärt die Hamburger Familientherapeutin Angelika Faas, die sich intensiv mit Vater-Tochter-Beziehungen beschäftigt. „Sie wird auch später selbstbewusster durchs Leben gehen und nicht nach dem Retter suchen, der irgendeinen Mangel ausgleicht.“

Übrigens, auch diese Erziehungsexpertennachricht wollen wir nicht vorenthalten: Väter sollten nicht die besten Freunde ihrer Kinder sein wollen und sich nicht als junggeblieben anbiedern. Auch nicht in der Kleidung: Kinder müssen sich abgrenzen können, um zu reifen. Also, Papis, auch wenn’s schwer fällt: Fransen-Lederhosen weglassen im Indianerlager. Jeans tun’s auch. Womit am Vatertag ein Traditionssprücherl dann doch noch Bestand hat: „ ... Vatersein dagegen sehr.“

Irene Kleber

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