Die miese Masche der Adresshändler

Wie eine "Gewerbe-Auskunftzebntrale Kleinunternehmer abzockt
München Seine Post sortiert Frank Kotzerke immer rasch aus. Werbeschreiben landen im Müll. Amtliches beantwortet der 65-Jährige. Diesmal aber war der ehemals Gewerbetreibende zu hastig: Wie gefordert reagierte er auf ein Schreiben der Gewerbeauskunft-Zentrale und musste bald feststellen, dass er Betrügern auf den Leim gegangen war. Durch seine Unterschrift hatte er ungewollt einen Online-Firmeneintrag am Hals. Kosten: Knapp 600 Euro. „Ich dachte, das Schreiben kommt vom Gewerbeamt“, ärgert sich der Münchner Fotograf, der aus seiner Zeit als Messebauer noch einen Gewerbeschein hat.
Graues Papier. Schrift und Formulierungen wie man sie von Behörden kennt. „Für mich sah das offiziell aus.“ Wirklich begriffen, worum es geht, habe er nicht. Erst als die erste Mahnung hereinflatterte, ging ihm ein Licht auf. Und er überlegte, ob er zahlen sollte, um weiteren Ärger zu vermeiden. Bei der IHK München häufen sich die Anrufe von Unternehmern, die wie Frank Kotzerke auf Post von der Gewerbeauskunft-Zentrale reagiert haben. Sie alle sind auf die gleiche Masche reingefallen und den Aufforderungen im Schreiben nachgekommen: Sie haben Branche, E-Mail- und Internet-Adresse ihres Gewerbes eingetragen und das ganze per Unterschrift bestätigt.
Die Tücke im Kleingedruckten
Nicht gelesen wurde das Kleingedruckte: Dort steht, dass der Online-Eintrag 569,06 Euro kostet, bei einer Laufzeit von zwei Jahren. Hinter dem vermeintlich behördlichen Schreiben steckt die unter Juristen wohl bekannte GWE GmbH. Einer von zahlreichen unseriösen Adressbuchanbietern. Diese bauen darauf, dass Empfänger wie Kotzerke Formulare unachtsam lesen – und bei Mahnung oder Inkasso-Drohung zahlen. „Diese Art von Adressbuchschwindel gibt’s schon viele Jahre“, erklärt Svenja Hartmann von der IHK München, wo sich Betroffene beraten lassen können. Man muss davon ausgehen, dass sich die Masche rechnet. Doch davon sollten sich Betroffene nicht unter Druck setzen lassen. „Wer unterschrieben hat, sollte den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und kündigen. Am besten per Einschreiben“, rät Hartmann. Wer bereits Geld überwiesen habe, solle den Betrag mithilfe der Bank zurückfordern.
Doch was, wenn weitere Mahnungen oder gar ein Antrag auf den Erlass eines Mahnbescheids kommen? Gerichtliche Auseinandersetzungen habe die GWE bislang gescheut, so die Juristin. Zudem gibt es eine Entscheidung aus dem Frühjahr, als das Oberlandesgericht Düsseldorf die Formulare der GWE als irreführend verurteilte und Ordnungsgelder in Aussicht stellte. Endgültig ein Ende setzen könnte dem Treiben demnächst der Bundesgerichtshof, das Urteil wird noch dieses Jahr erwartet. Und genau das könnte der Grund sein, warum die GWE derzeit so aggressiv agiert.
Der Trick mit dem Rabatt
„Wir gehen davon aus, dass sie ihre Felle davon schwimmen sehen“, sagt Hartmann. Eben darunter hat nun Frank Kotzerke zu leiden. Nach mehrmaligen Telefonaten mit den Adresshändlern war sein Widerstand fast gebrochen. Der Trick des Händlers am anderen Ende der Leitung: Er bot Kotzerke 40 Prozent Rabatt an. „Wäre der Rabatt größer gewesen, hätte ich es wohl gemacht“, sagt Kotzerke. Seit er jedoch die Ratschläge der IHK kennt, ist er froh, dass er nicht schwach wurde. Er sagt: „Ich werde kein Geld überweisen.“ Fest steht auch: In Zukunft wird er die Formulare, die in seinem Briefkasten landen, genauer lesen. Und gegebenenfalls schneller in den Müll werfen.