Die Meister auf glühenden Kohlen

DACHAU - Der Sommer ist da, die Männer stehen wieder am Rost. Am Wochenende traten in Dachau die Besten ihres Fachs zur ersten bayerischen Grillmeisterschaft an. Wie das Team aus Tutzing den Pott holte - und worauf's ankommt.
Drüben in Schwaben qualmt es gewaltig, die Herren mit ihren karierten Schürzen sind nur noch vernebelt zu sehen. In der Münchner Box will schon Schadenfreude ausbrechen, denn wer so dampfelt, kann kein Meister sein. Dann aber die Enttäuschung: Die Schwaben räuchern ihren Fisch, legen Buchenholzsägemehl und Wacholderzweige auf die Kohlen, der Qualm ist also Absicht. „Das entspricht eigentlich nicht den Regeln“, sagt Alexander Helmreich. „Es hieß, wir dürfen nur mit der Kohle grillen, die hier gestellt wird und nicht aromatisieren.“ Der 31-jährige Münchner Betriebswirt bewacht derweil den eigenen Fisch, eine Forelle, asiatisch scharf gefüllt und eingewickelt in ein Bananenblatt. Beim ersten Gang haben Helmreich und seine beiden Freunde, die sich immer am Flaucher treffen und die Homepage „www.grillen-in-muenchen.de “ betreiben, nur sechs von zehn Punkten geholt. Die nächste Runde muss sitzen, sonst ist es vorbei mit dem Traum vom Bayerischen Grillmeister.
Der Radiosender Bayern 1 hat sich das Spektakel ausgedacht und in regionalen Vorausscheidungen vorher die acht Finalisten gekürt – jetzt treten unter anderem die „Dampfgriller“ aus Büchenbach, die „Wasserwachtgrufties“ aus Neutraubling und die „Rhön-Röster“ aus Sondernau gegeneinander an. In der Jury sitzen Koch und BR-Plauderer Alfons Schuhbeck, Schauspieler und Esser Dieter Fischer und Kabarettistin Luise Kinseher – drei Gänge verköstigen sie in der Sommerhitze auf der Dachauer Festwiese.
Viel zu heiß, viel zu ölig
Ein Mann und sein Rost – für Starkoch Schuhbeck ist dies eine leidvolle Zusammenarbeit. „Die meisten Leute grillen viel zu heiß und zu ölig“, lautet sein Urteil. Auch ein oft gemachter Fehler: „Sie marinieren viel zu lange, es sollte sich ja nur die Oberfläche verändern, nicht aber der Charakter des Grillguts.“ Nicht länger als eine Stunde ist sein Rat.
Von den Teilnehmern ist er allerdings angetan. „Ich muss zugeben, die können es alle“, sagt er. Beim Fisch haben ihn am meisten die in Ermangelung einer Grillpolizei regelwidrig angetretenen Räucher-Schwaben beeindruckt: 9 Punkte. München auch hier mit Mittelfeld mit sieben.
Der Männeranteil überwiegt
Bayern1 hat nicht nur den Moderator Tilman Schöberl und die Bayern1-Band mitgebracht, sondern auch den bayerischen Landwirtschaftsminister Josef Miller, der seine Botschaft präzise loswird: „Gutes bayerisches Wetter, gutes bayerisches Fleisch und das alles von bester bayerischer Qualität“, ruft er den besten bayerischen Grillern zu.
Der Männeranteil überwiegt im Wettbewerb. „Wenn meine Freundin sagen würde, sie grillt, hätte ich nichts dagegen, wir sind da sehr emanzipiert“, sagt Alexander Helmreich. „Allerdings“, schiebt er nach, „es würde wohl nicht klappen, da fehlt es halt an Erfahrung.“ Auch hätte er noch nie eine Frau gesehen, die alte Grillkohle entsorgt. Seine These: „Frauen wollen gar nicht grillen.“
Da hat er noch nicht nach nebenan geschaut, da ist Oberbayern und von fünf Teilnehmern sind zwei Frauen. Auf die Frage, wie sie zum Grillen kommt, sagt Marion Eigenschenk: „Ich stamme aus Idar-Oberstein.“ Dort, so erklärt sie, käme man mit der Grillzange auf die Welt. Der Idar-Obersteiner grille sein Leben lang, jeder. Sie lebt inzwischen in der Nähe von Erding und war beim Vorentscheid punktgleich mit der Tutzingern – deswegen hat man für die Meisterschaft fusioniert. „Ich glaube, wir haben am wenigsten von allen geübt, nämlich gar nicht“, sagt Peter Stich, der zweiter Bürgermeister von Tutzing ist. Trotzdem sind sie nach der Halsgratrunde Gesamtsieger. Wie geht das? Stich: „Wenn wir ehrlich sind: Das Wichtigste sind sowieso die Grundzutaten.“
Grill-Tipps
Die Münchner Teilnehmer Alexander Helmreich, Friedel Buergel und Chris Petschar, geben Tipps:
Kohle:
Holzkohle entwickelt ausreichend Hitze für Steaks, Würstchen, Geflügelteile und Gemüse. Zwar ist sie preiswert, hat aber den Nachteil, dass sie schnell durchglüht und somit nicht allzu lange hält. Holzkohle von guter Qualität ist in Deutschland mit dem Prüfzeichen DIN 51749 gekennzeichnet. Für ausgedehntere Grillungen sollten Grillbriketts eingesetzt werden. Es dauert zwar, bis sie ganz durchgeglüht sind, dafür können sie die Glut viel länger halten. Je nach Höhe der Glutschicht bleibt die Temperatur für 30 bis 90 Minuten fast konstant. Etwas teurer, aber sehr umweltfreundlich ist Holzkohle aus Kokosnussschalen. Sie brennt sehr lange, hält die Glut und ist heißer als Holzkohle.
Temperatur:
Anhaltspunkte zu Einschätzung der Temperatur bietet der Test mit der flachen Hand: Die Hand 12 cm über die glühenden Kohlen halten und die Sekunden, bis man sie wegziehen muss: 1 - 2: hohe Hitze
3 - 4: mittlere bis hohe
5 - 6: mittlere
6 - 7: niedrige bis mittlere
8 - 9: niedrige Hitze
Garzeit:
Die Garzeit hängt von der Dicke des Fleisches ab. Kurzgebratenes ist gar, wenn auf der Oberseite Saftperlen austreten. Generell gilt der Drucktest: Fühlt sich das Stück weich an, ist es innen noch roh, federt es, ist es rosa, gibt es nicht mehr nach, ist es völlig durch. Grillgut möglichst auf den heißen Rost legen, damit sich die Poren schließen. Größere Stücke erst nahe der Glut, dann in größerer Entfernung grillieren.
Tina Angerer