Die Hälfte der Wildbienen ist bedroht: Das kann jeder von uns dagegen tun

München - Am Freitag ist Weltbienentag. Ein Tag, der von Jahr zu Jahr wichtiger wird, schreibt der WWF auf seiner Webseite. Die Vereinten Nationen hatten ihn 2018 ausgerufen, um auf die große Bedeutung der pelzigen Insekten als Bestäuber für Biodiversität und Nahrungssicherheit hinzuweisen. Seitdem findet er jährlich am 20. Mai statt. Am Freitag soll der Aktionstag (weltbienentag.de) auch auf den Rückgang der weltweiten Populationen aufmerksam machen.
Besonders Wildbienen sind stark gefährdet. "Um die steht es leider sehr schlecht", sagt Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft beim Umweltinstitut München, der AZ. Über die Hälfte der mehr als 560 heimischen Wildbienen-Arten seien bedroht. Bei Honigbienen sieht es anders aus. Ihr Vorteil: Sie haben Imker, die sich um sie kümmern, erklärt Vogt. Die Zahl der Völker steige seit Jahren.

Wieso ist der Mensch auf die summenden Insekten angewiesen? Was kann jeder Einzelne tun, um etwas gegen das Bienensterben zu unternehmen? Die AZ gibt Ihnen einen Überblick:
Biene ist nicht gleich Honigbiene
Wildbienen leben nicht - wie ihre Kolleginnen, die Honigbienen - in Staaten, sondern kommen auch einzeln als "Solitärbienen" vor, sagt Christine Vogt vom Umweltinstitut München. Die Landwirtschaftsreferentin weiß: Jede der 560 hierzulande heimischen Wildbienenarten hat unterschiedliche Ansprüche.
Laut WWF bauen 400 ihre Nester eigenständig, 135 Arten parasitieren. 75 Prozent nisten im Boden, der Rest sucht sich etwa Pflanzenhalme. "Es gibt welche, die sind spezialisiert auf bestimmte Blumen. Sie sammeln ausschließlich die Pollen dieser Pflanzenart", so Vogt. Die Rotschienige Sandbiene etwa ist auf Weiden spezialisiert, die Rothaarige Kleesandbiene auf Hülsenfrüchtler wie Klee. Man nennt dieses "Wahlverhalten" oligolektisch.
Andere Bienen würden ihre Eier in Schneckenhäuser, hohlen Stängeln oder im sandigen Boden ablegen, sagt Vogt. Werden Landwirtschaft und Privatgärten also immer eintöniger, haben es auch die Nektarliebhaber schwerer.
Hobby-Gärtner aufgepasst: So können Sie Bienen helfen
Hierzulande sind laut Umweltinstitut seit den 1980er Jahren 80 Prozent der Insektenbestände verschwunden. Dagegen kann jeder Einzelne etwas tun. Das Institut hat als Hilfestellung den Online-Ratgeber "Dein Bienengarten" zusammengestellt. Einige Tipps:
Gärten als Nahrungsquelle: Am einfachsten werden Bienen in den Garten oder auf den Balkon gelockt, wenn sie dort das ganze Jahr lang vielfältiges Futter vorfinden. Heimische Wildblumen wie Kornblume, Borretsch oder Fingerhut liefern vielen Insekten Pollen und Nektar. Aber auch Kräuter wie Thymian, Salbei oder Lavendel erfreuen sich großer Beliebtheit. Auf Züchtungen sollte hingegen verzichtet werden.
Auch Brummer haben Durst: Über eine Trinkschale freuen sich Bienen, Schmetterlinge und Hummeln besonders bei hohen Temperaturen. Kleine Steine verhindern, dass die Tiere ertrinken. Wilde Ecken im Garten, in denen nicht gemäht wird, bieten zudem Unterschlupf, Nist- und Lebensraum. Künstliche Nisthilfen seien demnach keine Alternative zu natürlichen Nistplätzen.
Keine Chemie im Garten: Ist der Schädlingsbefall einmal zu groß, könne auf umweltschonende Alternativen, wie selbstgemachte Jauche oder Tee, zurückgegriffen werden. Chemie habe jedoch im Garten nichts verloren. Mehr Tipps unter: umweltinstitut.org/mitmach-aktionen/bienengarten-aktion
Ohne Bienen würden 60 Prozent der Produkte fehlen
Honig- und Wildbienen sind wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems und der Artenvielfalt. Ohne sie würden 60 Prozent der Produkte in Supermärkten fehlen, ergab bereits vor Jahren ein Test in Hannover. Die Nektarliebhaber dienen etwa als Bestäuber: Dem WWF zufolge werden 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen von der Honigbiene bestäubt, 20 Prozent gehen auf das Konto von Wildbienen, Schmetterlingen, Schwebfliegen und anderen Insekten.
Laut Naturschutzbund Deutschland (Nabu) verbessern sie zudem die Fruchtbarkeit des Bodens, helfen in der Forst- und Landwirtschaft und sind Nahrungsquelle für eine Vielzahl weiterer Tiergruppen wie Vögel, Säugetiere, Amphibien oder Reptilien. Wodurch sind die Tiere bedroht? "Als zentraler Faktor gilt die Landwirtschaft", so Vogt. Durch deren Intensivierung und Monokulturen ändere sich die Agrarlandschaft enorm - Lebensraum sowie Nahrungsgrundlage verschwinden. Pestizide seien zudem "direkt und indirekt" tödlich für Bienen.
Es braucht "grundlegende, schnelle Änderungen - sonst gibt es kein Zurück"
Wir haben nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ein massives Insektensterben", sagt Christine Vogt vom Umweltinstitut München. "Die Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, muss geändert werden - und zwar grundlegend und schnell, sonst ist der Trend bald nicht mehr umkehrbar." Mit der EU-Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten" fordert das Umweltinstitut einen europaweiten Ausstieg aus der Anwendung chemisch-synthetischer Pestizide.
Die Umstellung müsse schrittweise erfolgen, um den Landwirten ausreichend Zeit für die Umstellung zu geben, so die Expertin. Bis 2030 müsse der Pestizideinsatz bereits um 80 Prozent reduziert sein. "Gleichzeitig ist wichtig, dass die Agrarlandschaft strukturreicher wird." Der Nabu fordert einen Anteil nicht-bewirtschafteter Flächen von mindestens zehn Prozent.