Die graue Gefahr
Jeden Tag wird ein Quadratkilometer in Deutschlöand zugebaut, wird ersetzt durch Siedlungen, Straßen und Schienen – die Folgen sind gravierend. Fachleuten beobachten das schon seit Jahren mit Sorge.
Die Größe eines Fußballfeldes kann sich jeder gut vorstellen. Bei 161 Fußballfeldern wird es schon schwierig, denn die bedecken einen Quadratkilometer, also ein Areal von 1000 Metern mal 1000 Metern. Genauso viel Grünfläche verschwindet jeden Tag aus Deutschland, wird ersetzt durch Siedlungen, Straßen und Schienen. Diese Zahlen nennt jetzt das Statistische Bundesamt. Im Jahr summiert sich das auf ein Gebiet, das ungefähr so groß ist wie München, fast doppelt so groß wie Nürnberg.
Und genau diese Ballungsgebiete sind es auch, die den meisten „Grünverbrauch“ für sich beanspruchen. Immer neue und immer breitere Umgehungsstraßen, aufwändige Kreuzungen, vor allem aber Stadtrandsiedlungen und Gewerbegebiete fressen sich in den umliegenden Grüngürtel. Doch in der Provinz ist es nicht viel besser: Wer über Land fährt sieht, wie rund um fast jedes Dorf neugebaute Einfamilienhäuser aus dem Boden schießen, meist mit Doppelgaragen und großen Stellplätzen.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern (vor allem Nordrhein-Westfalen, Saarland und Hessen) ist Bayern noch relativ grün: 84 Prozent sind landwirtschaftliche Nutzfläche oder Wald, 11 Prozent Siedlungs- und Verkehrsfläche (zum Vergleich: In NRW sind 21,9 Prozent verbaut). 2006 wurden im Freistaat täglich 20,6 Hektar Fläche versiegelt, im Jahr 2000 waren es noch 28,4 Hektar. Jeder dieser betonierten Quadratmeter trägt zur Flächenversiegelung bei. Sie wird von einer wachsenden Zahl von Fachleuten schon seit Jahren mit Sorge beobachtet.
Ein Kritikpunkt ist, dass sie immer mehr Natur, also den Lebensraum von Pflanzen und Tieren verschwinden lässt – ebenso wie wichtige Erholungszonen für Menschen.
Der Straßenbau wirkt sich dabei besonders nachteilig aus: Er zerteilt wichtige Freiflächen und verhindert damit die freie Beweglichkeit von auf dem Boden lebenden Tieren, schneidet sie von Futterquellen, Brut- und Laichplätzen ab.
Sehr negativ wirkt sich die Bodenversiegelung aber auch auf den Wasserhaushalt aus. Der Boden kann nicht mehr als Puffer dienen, was mehrere Folgen hat:
Sie beschleunigt den Abfluss von Oberflächenwasser, weil der Regen nicht mehr versickern kann. Die Folge: mehr Hochwasser und Überschwemmungen.
Der oberflächliche Abfluss senkt aber auch die Grundwasserstände. Die Folge: Trinkwassermangel und Dürreperioden.
Das Wasser versickert nicht mehr langsam im Boden, wodurch dieser seine Filterwirkung verliert. Die Folge: Stärkere Giftstoffkonzentration im Grund- und Trinkwasser.
Weil immer mehr Menschen diese Nachteile bewusst sind, haben Baustoff-Hersteller die Marktlücke entdeckt: Rasengittersteine, Porenpflaster oder Schotterrasen sind im Angebot, um auch auf befestigten Flächen den Regenabfluss zu ermöglichen.
Michael Heinrich
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