Die Burka-Barbie: Sack mit Sehschlitzen

Zum 50. Geburtstag gibt’s die 90-30-90-Schönheit jetzt auch als vollverschleierte Version – Fans reagieren im Internet mit unverhüllter Kritik
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Steckt am Ende Ken darunter? Die „Burka-Barbie“ als vollverschleiertes Modell und mit Tschador (m.), der ihr einen kleinen Blick in die Welt gestattet.
AZ 2 Steckt am Ende Ken darunter? Die „Burka-Barbie“ als vollverschleiertes Modell und mit Tschador (m.), der ihr einen kleinen Blick in die Welt gestattet.
Für Vielfalt: die Figuren „Metro-Malibu Mohammed“ (l.) und „Lebenspartner Barry“.
AZ 2 Für Vielfalt: die Figuren „Metro-Malibu Mohammed“ (l.) und „Lebenspartner Barry“.

Zum 50. Geburtstag gibt’s die 90-30-90-Schönheit jetzt auch als vollverschleierte Version – Fans reagieren im Internet mit unverhüllter Kritik

Sie war Astronautin, Pilotin, Chirurgin, Handwerkerin und Präsidentschaftskandidatin – mehr als 100 Berufe hat das berühmte Plastik-Wesen „Barbie“ in seiner 50-jährigen Laufbahn ausgeübt. Jetzt gibt’s in Sachen Emanzipation aber offenbar einen kleinen Rückschritt: Auf einer Show in Florenz wurde der staunenden Weltöffentlichkeit die „Burka-Barbie“ präsentiert – komplett verschleiert, mit fliegengitterartigen Sehschlitzen. Die eigenartige Idee hinter der neuen Version: Jedes Mädchen auf der ganzen Welt solle sich mit ihr identifizieren können.

Unter Barbie-Fans stößt die bislang vor allem aus Afghanistan bekannte Mode jedoch auf unverhüllte Kritik: „Wie deprimierend“, schreibt eine gewisse „Sandy“ in einem Internet-Forum. Und User „Rabe“ fragt: „Wie sollen sich Kinder mit etwas identifizieren, das gesichtslos ist, das sie nicht sehen?“ „Stefanie“ meint: „Die Burka ist eine Form der Unterdrückung, wurde zum Beispiel von den Taliban flächendeckend eingeführt. Dass dies nun als Spielzeug seinen Segen erhält, ist pervers.“ Liegt am Ende noch eine Scharia statt der Gebrauchsanweisung bei? Plastiksteine, um eine fundamentalistische Bestrafung nachzuspielen, sollte sich Barbie unkeusch zeigen? Plötzlich scheint alles möglich.

Manche Kommentatoren nehmen's mit Humor: „Endlich eine Puppe, die man nicht kämmen muss!“, atmet „obiwahn“ auf. Und „Denise“ argwöhnt: „Woher wissen wir eigentlich, dass nicht Ken daruntersteckt?“ Das lässt sich allerdings leicht überprüfen: Die Burka ist mit etwas Fingerfertigkeit abnehmbar. Findige Internetnutzer haben als ironische Antwort auf die restriktive Puppe zwei fiktive liberale Figuren erschaffen: den metrosexuellen „Malibu Mohammed“ („Full Body Wax Edition“) und den eher homosexuellen „Lebenspartner Barry“.

„Idee der Barbie ist ja, dass Mädchen die Welt eröffnet wird“

Tatsächlich bemüht sich die Barbie-Herstellerfirma Mattel seit Jahrzehnten öffentlichkeitswirksam um gesellschaftliche Vielfalt, um „Diversity“, wie es in den USA heißt: 1961 bekam Barbie zunächst einen Adam namens Ken, 1968 die afroamerikanische Freundin „Christie“ und 1986 die asiatische Bekannte „Kira“. Heute gibt es fast alle Modelle auch in einer hispanischen Version.

Wird also demnächst die „Burka-Barbie“ in Serie gehen und „Fulla“, der islamischen Variante einer syrischen Firma, Konkurrenz in den Kinderzimmern machen? Nein, dies sei nicht geplant, beteuert eine Mattel-Sprecherin auf AZ-Anfrage. Es habe sich um ein einmaliges Charity-Projekt gehandelt. „Idee der Barbie ist ja, dass Mädchen die Welt eröffnet wird, sie mit ihr alles sein können, was sie sein wollen. Wir geben Barbie auch keine Religion – sie ist weder katholisch noch muslimisch.“

Sie ist vor allem schlank.

Timo Lokoschat

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