Die alten Probleme der neuen Väter
Immer mehr Männer gehen in Elternzeit – aber Kinder, Küche und Karriere packen sie meist nicht, so eine Studie. Wo es hakt, was Frauen sagen.
Beim dritten Baby machte er es wahr: Im Mai kam Franzl auf die Welt, und Ralph von Steinburg (38) ging in die Babypause. Acht Monate Schluss mit dem Krankenhausstress als Klinikarzt. Mitten rein in seine kleine Großfamilie. Drei kleine Buben, seine Frau Eva, das Reihenhäuschen in der Münchner Vorstadt. Geteilte Kinder, geteilter Abwasch, und viel, viel Zeit zum Lachen und Kuscheln und endlich mal Reden. „Super ist das“, sagt Ralph, „ich wollte das immer, ganz nah bei den wichtigsten Menschen in meinem Leben zu sein.“ Und Eva ist glücklich:„Endlich bin ich mit dem ganzen Wahnsinn hier nicht mehr allein.“
Allein in Bayern haben seit Januar letzten Jahres 27600 Männer Elternzeit genommen. Papis mit Kinderwägen scheinen allgegenwärtig, und vor Kindergärten und bei Elternabenden gehören sie zum Bild. 69 Prozent der jungen Eltern wünschen sich laut einer Forsa-Umfrage, dass Mütter und Väter sich gleichberechtigt kümmern um Job, Haushalt und Kinder.
Viele wollen wie Brad Pitt sein
Doch der Alltag sieht, trotz aller Jubelrufe, anders aus. Die neue Vorwerk-Familienstudie 2008 erhellt es recht klar: 76 Prozent der befragten Mütter geben an, im Alltag zuhause „alles“ oder „das meiste“ zu übernehmen. 68 Prozent der Väter räumen ein, „gar nichts“ oder „nur einen kleinen Teil“ zu erledigen. Das Kriterium, ob Männer sich daheim engagieren, ist immer der Job. Wer vollzeitberufstätig ist, steigt zuhause weitgehend aus.
Deutsche Familienväter – sie scheinen zunehmend überfordert. Sie wären gern wie Hollywoods Vorzeige-Papi Brad Pitt, der als Paradebeispiel für den bejubelten „neuen Vater“ gilt, sich gern mit seiner sechsköpfigen Rasselbande ablichten lässt, und es vermeintlich locker schafft, Karriere, Küche und Kinder unter einen Hut zubringen. Doch der Wunsch bleibt Vater des Gedankens.
„Aber erste Vaterpflicht ist, Kohle ranzuschaffen.“
Genau der Schluss, zu dem auch Robert Habeck in seinem gerade erschienenen Buch „Verwirrte Männer“ (Gütersloher Verlagshaus) kommt. Der Autor (38) hat selbst vier Kinder, arbeitet in Teilzeit und passt gut ins Rollenbild der „neuen Väter“. Trotzdem bleibt er kritisch: „Wenn junge Männer Väter werden, räumen sie der Karriere einen höheren Stellenwert ein, als vor der Geburt des Kindes“, sagt er „und zwar nicht aus Egoismus“.
Es sei das neue Verantwortungsgefühl, das sie treibt, und freilich auch: die Frau. Die ihrem Mann, kaum kommt das Baby, suggeriert: Klar soll er kochen und putzen und Windeln wechseln. „Aber erste Vaterpflicht ist, Kohle ranzuschaffen.“ Selbst Frauen, die vor dem Baby mehr verdienten als der Mann, verlangten plötzlich nach einem Versorger. Kein Wunder also, wenn Männer zwar das Baby auf dem Arm haben, aber den Kopf längst wieder im Büro.
Abwasch, Müll und Babyfläschen
Auf die Frage „Was würde die Familienarbeit erleichtern?“ antworten die Hälfte der Frauen: Mehr Geld vom Staat und flexiblere Arbeitszeiten, nur jede dritte wünscht sich mehr Einsatz vom Partner. Fast jeder zweite Vater würde gern „beruflich weniger arbeiten“ müssen.
Genau wie Ralph von Steinburg. Denn sein aktuelles Glück ist endlich. Im Winter muss der Arzt zurück in den Vollzeitjob. Und das bedrückende Gefühl wird wiederkehren, dass Abwasch, Müll und Babyfläschchen liegenbleiben. Dass Eva wartet und die Kinder wieder gewachsen sind ohne ihn.
Wie sich das anfühlt? „Schwer“, sagt der Familienpapa. Weil es aufreibend ist, im Alltag meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, in meinem Job präsent und für meine Familie ganz da zu sein.“ Er möchte es gern, aber er schafft es nicht leicht. Wie so viele. Sieht ganz danach aus, als hätten Deutschlands Väter eine Pause verdient.
Irene Kleber
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