Dicker Panda,wenig Herz

Cannes: An dem neuen Pixar-Animationsfilm erregen nur Stimmen. Ein Film, der so überdreht ist, dass weder Augen noch Hirn noch Herz etwas davon haben. Dass alles im chinesischen Kulturkreis spielt, ist Marktstrategie.
von  Abendzeitung
Jack Black und seine Pandas in Cannes.
Jack Black und seine Pandas in Cannes. © ap

Cannes: An dem neuen Pixar-Animationsfilm erregen nur Stimmen. Ein Film, der so überdreht ist, dass weder Augen noch Hirn noch Herz etwas davon haben. Dass alles im chinesischen Kulturkreis spielt, ist Marktstrategie.

Als sich plötzlich dem Esel sichtbar jedes einzelne Haar sträubte und das Bild von Cameron Diaz als Prinzessin so echt aussah, dass man sie wieder vereinfachen musste, um das Publikum nicht nervös zu machen, war klar: Der Animatonsfilm der Dreamworks- Pixar-Studios ist mit „Shrek“ in ein neues Zeitalter getreten. Cannes hatte zum Ärger von Disney erstmals einen Trickfilm in den Wettbewerb aufgenommen. Und Michael Moores „Fahrenheit 9/11“ war der erste Dokumentarfilm im Kampf um die Goldene Palme – und gewann 2004.

Jetzt hat Cannes wieder die Hand am Puls der Zeit: Das Paradox eines „animierten Dokumentarfilms“ ist unter den 22 Wettbewerbsbeiträgen und hat die Kritiker an die Sessel gefesselt: „Waltz with Bashir“. Der israelische Regisseur Ari Folman war vor 25 Jahren als 19-jähriger Rekrut im Libanonkrieg. Vor kurzem war ihm aufgefallen, dass er sich an seine Kampfeinsätze nicht erinnern kann. Er sucht also ehemalige Kameraden auf, um mit ihnen seine Erinnerungen an Beirut zu rekonstruieren. „Eine Doku, wo Männer Geschichten in die Kamera erzählen, das wäre extrem langweilig“, sagt Folman. „Außerdem haben Erinnerungen immer etwas Verfremdetes.Und im Krieg sind bizarre, surreale, grausame und banale Szenen ohnehin so nah beieinander, dass man in einer gezeichneten Welt der albtraumhaften Wirklichkeit näher kommen kann.“ In der Tat: Man sieht Interviews, Panzer-Invasionen, Gefechte, Massaker. Am Ende der Vorstellung blieben die meisten Kritiker gebannt sitzen. Einen animierten Dokumentarfilm? Das hatte man wirklich zum ersten Mal gesehen, und es ging stärker unter die Haut, als es jedes Tagesschau- Material könnte.

Dann der Kontrast. An dem Dreamworks-Animationsfilm „Kung Fu Panda“ sind nur die Stimmen aufregend. Zur Gala sind u. a. Dustin Hoffman, Angelina Jolie und Lucy Liu angereist, um die Langeweile zu überdecken, die ein Film hinterlässt, er so überdreht ist, dass weder Augen noch Hirn noch Herz etwas davon haben. Dass alles im chinesischen Kulturkreis spielt, ist Marktstrategie. Und dass die Hauptfigur ein adipöser Panda ist, ist vielleicht eine Reminiszenz an den American Way of Life.

Adrian Prechtel

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