Deutschland vermehrt sich: Der neue Baby-Boom
MÜNCHEN - Von wegen kinderarmes Deutschland: Hier kommen wieder mehr Kinder zur Welt, obwohl die Zahl der potentiellen Mütter sinkt. Auch die Bayern haben im Jahr 2010 ihren Beitrag geleistet.
Es ist eine echte Überraschung. Seit Jahren dümpelt die Geburtenrate in Deutschland dahin, doch jetzt verbreitet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erstaunliche Neuigkeiten: In Deutschland kommen wieder mehr Kinder zur Welt.
Erfasst hat das Amt für seine vorläufigen Berechnungen die ersten neun Monate des Jahres 2010. In diesem Dreivierteljahr wurden 510000 Kinder geboren. 2009 waren es im gleichen Zeitraum nur 492000 Kinder. Unterm Strich steht also ein dickes Plus von 3,6 Prozent oder knapp 20000 Geburten. So stark ist die Geburtenrate in den letzten Jahren nicht angestiegen.
Das ist auch deshalb erstaunlich, weil seit Jahren die Zahl der potenziellen Mütter sinkt. Jedes Jahr fallen statistisch gesehen etwa 300000 Frauen aus der Gruppe der 15- bis 49-Jährigen, die aufgrund ihres Alters überhaupt Mutter werden können. Das bedeutet: Immer weniger Frauen bekommen mehr Kinder.
Ob es regionale Unterschiede gibt, zwischen Süd und Nord, Ost und West, Stadt und Land, lässt sich anhand der neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts noch nicht feststellen. Klar ist dagegen: Die Bayern haben ihren Beitrag zum deutschen Baby-Boom geleistet:
Von Januar bis September 2010 kamen im Freistaat 76433 Kinder zur Welt – das sind 210 Geburten mehr als im Vorjahres-Zeitraum. Besonders ins Zeug gelegt haben sich die Oberbayern und die Mittelfranken mit einem Plus von 327 und 168 Geburten. Deutlich gemächlicher ging’s da bei den Unterfranken zu. Ergebnis nach neun Monaten: minus 148 Geburten im Vergleich zu 2009 (siehe Tabelle unten) – und die rote Laterne im Vergleich der Regierungsbezirke.
Ganz anders in der bayerischen Landeshauptstadt: Hier wurden 2010 mehr als 14000 Kinder geboren. Nur knapp haben die Münchner damit ihren eigenen Rekord aus dem Jahr 2009 (14306) verfehlt.
Im Familienministerium wollte man die neuen Zahlen noch nicht kommentieren. „Wir werden warten, bis die endgültigen Zahlen vorliegen“, sagte eine Sprecherin. „Wenn sich alles bewahrheitet, dann freut sich unser Haus natürlich.“
Nun, es sieht so aus, als könne man sich freuen. Doch woher kommt der Baby-Boom 2010? Sicher ist bisher nur: Die Wirtschaftskrise spielte offenbar keine Rolle. Und: Die Deutschen sehnen sich wieder nach Familie. Beides legt eine aktuelle Allensbach-Studie nahe. Danach wünschten sich 52 Prozent der Deutschen, eine Familie zu gründen, 2009 waren es nur 42 Prozent. Zugleich haben laut Studie die Bedingungen an Gewicht verloren, die Paare erfüllt sehen wollen, bevor sie sich für Kinder entscheiden. Nach wie vor fragen sich zwar viele, ob sie sich Kinder zutrauen sollen, oder ob sie genügend Geld haben, aber die Bedeutung dieser Themen nimmt ab. „Im Moment“, so Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher, „wächst der Mut zum Kind.“
Und das wird dann in Deutschland gerne Mia beziehungsweise Leon genannt. Diese beiden Vornamen waren 2010, wie gestern veröffentlicht wurde, besonders beliebt. In Bayern dagegen führten Lena und Maximilian die Hitliste an. Und in München? Da war nicht Lena, sondern Marie der beliebteste Mädchenname. Nebst dem Maximilian.
oss
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