Deutschland trauert um Opfer von Winnenden

Tausende Menschen sind zur Trauerfeier nach Winnenden geströmt. Bundespräsident Köhler sprach den Angehörigen sein Beileid aus und kritisierte zugleich die Zurschaustellung extremer Gewalt und zerstörter Körper in Filmen und Computerspielen.
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Trauerort für die Opfer von Winnenden
dpa Trauerort für die Opfer von Winnenden

STUTTGART - Tausende Menschen sind zur Trauerfeier nach Winnenden geströmt. Bundespräsident Köhler sprach den Angehörigen sein Beileid aus und kritisierte zugleich die Zurschaustellung extremer Gewalt und zerstörter Körper in Filmen und Computerspielen.

Bundespräsident Horst Köhler hat bei der Trauerfeier zum Gedenken an die Opfer des Amoklaufs in Winnenden dazu aufgerufen, mehr auf andere Menschen zu achten. «Wie schnell fällt einer aus dem Rahmen, nur weil er anders ist, als wir es von ihm erwarten», sagte Köhler am Samstag in der katholischen Sankt Karl-Borromäus-Kirche. Einen Menschen so wahrzunehmen, wie er ist, sei die wichtigste Voraussetzung, um einander zu helfen. Während seiner Ansprache kämpfte der Bundespräsident sichtlich bewegt mit den Tränen.

Wir schweigen Tim nicht tot

Zuvor hatten der württembergische evangelische Landesbischof, Frank Otfried July, und der katholische Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, in einem ökumenischen Trauergottesdienst den Angehörigen der Opfer ihre Anteilnahme ausgedrückt. July verwies in seiner Predigt auf die christliche Hoffnung für die Opfer und für den Amokläufer: «Wir schweigen auch den Täter dieser furchtbaren Mordtaten, Tim Kretschmer, nicht tot». Abgeschieden von den Opfern werde auch sein Leben vor Gott gestellt.

Auch Köhler sprach den Trauernden sein Beileid aus: «Wir trauern mit allen Eltern, die Kinder verloren haben, mit den Freundinnen und Freunden der Getöteten, mit den Familien der ermordeten Erwachsenen.» Mit Blick auf den Täter und seine Angehörigen, sagte der Bundespräsident: «Er hat Familien in Trauer und Verzweiflung gestürzt, auch seine eigene. Auch sie hat ein Kind verloren. Auch für sie ist eine Welt zusammengebrochen.» Solche Taten führten an die Grenze des Verstehens. «Und auch an die Grenze des Sagbaren, hinter der alles Deuten, Fordern und Erklärenwollen schnell unsäglich wird».

Köhler kritisiert Zurschaustellung zerstörter Körper

Der Bundespräsident kritisierte zugleich den Einfluss brutaler Filme und Computerspiele. Extreme Gewalt, die Zurschaustellung zerstörter Körper und die Erniedrigung von Menschen stünden dort häufig im Vordergrund. Ein Dauerkonsum solcher Produkte sei schädlich. «Dieser Art von Marktentwicklung sollte Einhalt geboten werden.»

Wenige Stunden zuvor hatten die Familien der getöteten Schüler Konsequenzen von der Politik gefordert. Sie verlangten in einem offenen Brief, den Zugang für Jugendliche zu Waffen zu erschweren, Gewaltdarstellungen im Fernsehen einzuschränken, Killerspiele zu verbieten, den Jugendschutz im Internet auszubauen und die Berichterstattung der Medien über Amok-Täter zu reglementieren.

Zehntausende Menschen hatten sich am Samstagmorgen zur Trauerfeier nach Winnenden aufgemacht, die auf Videoleinwänden übertragen wurde. Stille lag am Samstagmorgen über dem Heimatort des Amokläufers Tim K., Leutenbach-Weiler zum Stein, wo sich rund 300 Menschen in der Gemeindehalle einfanden, um die zentrale Trauerfeier gemeinsam zu verfolgen. Auf dem Friedhof von Weiler zum Stein liegen vier Opfer des Amoklaufs begraben. Der 17 Jahre alte Amokläufer hatte am 11. März an seiner ehemaligen Schule in Winnenden und auf der anschließenden Flucht nach Wendlingen 15 Menschen und danach sich selbst getötet. (dpa/epd/nz)

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