Deutschland in Eis und Schnee

Mindestens drei Tote bei Unfällen, kilometerlange Staus, viele Städte helfen Obdachlosen: Heftiger Schneefall und eisige Kälte setzen Deutschland zu. Doch so mancher kann der Situation auch sein Gutes abgewinnen.
von  Abendzeitung
Schneechaos in Deutschland, hier auf der A57 bei Moers
Schneechaos in Deutschland, hier auf der A57 bei Moers © AP

Mindestens drei Tote bei Unfällen, kilometerlange Staus, viele Städte helfen Obdachlosen: Heftiger Schneefall und eisige Kälte setzen Deutschland zu. Doch so mancher kann der Situation auch sein Gutes abgewinnen.

Nach dem Schneechaos lässt Hoch «Angelika» Deutschland in den kommenden Tagen kräftig frieren. Trotz Sonnenscheins ist nach der Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes bei eisiger Polarluft mit Gefrierschranktemperaturen bis unter minus 20 Grad zu rechnen.

Der massive Schneefall sorgte am Montag im ganzen Land für kilometerlange Staus auf den Straßen und starke Behinderungen im Luft- und Bahnverkehr. Bei Unfällen kamen mindestens drei Menschen ums Leben. Allein in Nordrhein-Westfalen, wo in der Nacht zu Montag rund 15 Zentimeter Schnee fielen, stauten sich die Fahrzeuge auf bis zu 220 Kilometern Länge. Bereits am Vormittag lag in fast ganz Deutschland mit Ausnahme des norddeutschen Küstengebiets und wenigen grünen Flecken im Süden eine geschlossene Schneedecke. Die höchsten Schneemengen im Flachland gab es mit mehr als 30 Zentimetern im Dreistädteeck Leipzig-Dresden-Chemnitz. Im Ruhrgebiet und in Thüringen waren es rund 20 Zentimeter.

«Gruselige Nacht»

Das Winterwetter behinderte auch den Flugverkehr. Der Flughafen Düsseldorf wurde drei Stunden lang komplett gesperrt. Start- und Landebahnen, die Rollwege und das Vorfeld ließen sich nach Angaben von Sprecher Christian Witt nicht mehr vom Eis befreien. Ankommende Maschinen wurden zu anderen Flughäfen umgeleitet. 39 Flüge fielen aus, andere wurden zwei oder drei Stunden verschoben. Auch auf dem Frankfurter Flughafen fielen wegen des Schneefalls zehn Verbindungen aus, weitere hatten Verspätung. Eine «gruselige Nacht» erlebten nach Angaben von Polizeisprecher Olaf Bode unzählige Menschen bei klirrender Kälte auf der A2 in Niedersachsen in Fahrtrichtung Nordrhein-Westfalen. Weil Streufahrzeuge nicht mehr durchkamen und es keine Umleitung gab, stauten sich die Fahrzeuge zwischen 22.00 und 03.00 Uhr auf 35 Kilometern Länge. Obdachlose können in den erwarteten bitterkalten Nächten in vielen Städten in Deutschland mit Unterstützung rechnen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur AP ergab. In Berlin und Hamburg sind sogenannte Kältebusse unterwegs, deren Fahrer Wohnsitzlose nachts von der Straße holen und sie in Notunterkünfte bringen, wie Sprecher der Verwaltungen erklärten. In Köln und München suchen Sozialarbeiter einschlägig bekannte Kircheneingänge oder Luftschächte ab.

Vor allem Nordrhein-Westfalen betroffen

Ein in der Nacht verunglückter Lastwagen blockierte wegen der schwierigen Bergung für Stunden die Strecke in der Nähe von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Querstehende Lastwagen sorgten auch in Thüringen auf der A71 bei Suhl, in Bayern auf der A6 bei Lichtenau, auf der A24 in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Suckow und Parchim und in Brandenburg in Fahrtrichtung Hamburg für Behinderungen. Sehr stark betroffen von dem Wetterchaos war Nordrhein-Westfalen. Die A43 zwischen Münster und Wuppertal war stundenlang gesperrt, weil sich ein Laster auf eisglatter Fahrbahn querstellte. Die längsten Staus bildeten sich auf der A1 bei Bergheim mit etwa 25 Kilometern und auf der A57 zwischen Köln und Neuss mit etwa 20 Kilometern.

Ins Schleudern gekommen und gegen Lkw geprallt

Im mittelfränkischen Treuchtlingen wurde am Vormittag ein Fußgänger auf einem Gehweg von einem ins Schleudern geratenen Auto überfahren und getötet. Im hessischen Main-Kinzig-Kreis starb ein 44-jähriger Mann, der am Morgen mit seinem Auto auf der Landesstraße auf schneeglatter Fahrbahn ins Schleudern kam und mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammenprallte. Ein 61-jähriger Autofahrer fuhr am Montag im Kreis Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern gegen einen Baum und starb noch an der Unfallstelle.

Vielen Autofahrern stellte die Polizei aber auch Komplimente aus. «Ein dickes Lob gebührt allen Verkehrsteilnehmern am Montagvormittag im Kreis Kleve. Trotz äußerst widriger Straßenverhältnisse und durchweg schnee- beziehungsweise eisglatten Straßen registrierte die Polizei kreisweit nur wenige Verkehrsunfälle», erklärte die Kreispolizeibehörde.

Schneeballschlacht löst Polizeieinsatz aus

Eine außer Kontrolle geratene Massen-Schneeballschlacht mit rund 100 Beteiligten hat in Leipzig einen Polizeieinsatz ausgelöst. Wie die Polizei am Montag mitteilte, bewarfen sich die Jugendlichen am Sonntagabend zunächst über eine Straße hinweg mit Schneebällen. Rund 50 Personen griffen später zwei Winterdienst-Fahrzeuge mit Schneebällen an. Dabei riss bei einem der Autos die Frontscheibe mehrfach ein. Außerdem schlugen bislang unbekannte Teilnehmer der Schneeballschlacht einen unbeteiligten Passanten nieder und errichteten eine Straßenblockade aus Schnee. Dadurch kam der Verkehr in einer Fahrtrichtung zeitweise zum Erliegen. Die alarmierte Polizei beendete das Treiben. An dem Einsatz waren auch Bereitschaftspolizisten beteiligt. Der Vorfall ereignete sich im linksalternativen Szeneviertel Connewitz im Süden von Leipzig

Zoo-Tiere müssen drinnen bleiben

Die Kälte macht auch vielen Tieren in den Zoos zu schaffen. So dürfen die Menschenaffen, Brillenpinguine und viele Vögel im Leipziger Zoo derzeit wegen des Frosts nicht ins Freie. «Die Brillenpinguine kommen aus dem südlichen Afrika. Wenn wir sie nicht reinholen würden, würden ihnen die Flügelspitzen abfrieren», sagte der Zoo-Kurator für Säugetiere und Vögel, Konstantin Ruske. Im Zoo Halle wurden vor allem Vogelarten wie der Waldrapp oder Schwarzstörche in wärmere Quartiere gebracht. Die Elefanten bleiben in den nächsten Tagen wohl länger in ihren Behausungen als üblich: «Bei starkem Frost könnten ihre Ohren erfrieren, bei Eis besteht Sturzgefahr», sagte der stellvertretende Zoodirektor Timm Spretke. Was des einen Leid, ist des anderen Freud: Einige Arten befinden sich nun draußen genau in ihrem Element - wie in Leipzig: «Die Sibirischen Tiger und die Schneeleoparden fühlen sich jetzt richtig wohl, sie spielen im Schnee, genießen das Wetter und sind deutlich aktiver als im Sommer», sagte Kurator Ruske. (nz/AP/dpa)

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