Deutscher bei Flugzeugabsturz in Russland an Bord
Aus bisher ungeklärter Ursache ist nahe der russischen Stadt Perm am Ural ein Passagierflugzeug der Gesellschaft Aeroflot abgestürzt. Unter den zahlreichen Opfern ist auch ein Deutscher. Behörden schliessen einen Terroranschlag nicht aus.
Technisches Versagen, Pilotenfehler oder ein Terroranschlag: Der Absturz eines Aeroflot-Flugzeugs vom Typ Boeing 737 hat in Russland alle 88 Insassen in den Tod gerissen. Wohl auch ein Deutscher war unter den Opfern.
Der Jet der Tochterfirma Aeroflot-Nord explodierte offiziellen Angaben zufolge am frühen Sonntagmorgen nach dem Aufschlag am Rand der Industriestadt Perm, knapp 1400 Kilometer östlich von Moskau. In den Trümmern starben 7 Kinder und 21 Ausländer. Die Ursache der schwersten Flugzeugkatastrophe in Russland seit zwei Jahren blieb zunächst unklar. Am 43. Geburtstag von Präsident Dmitri Medwedew schlossen die Behörden auch einen Terroranschlag nicht aus. Trümmerteile beschädigten Gleise der Transsibirischen Eisenbahn.
Auch Militärs und Berater an Bord
Die Ermittler gingen allen möglichen Ursachen für die Katastrophe beim Landeanflug in 1800 Metern Höhe nach, darunter auch einem Anschlag an Bord. Das sagte Aeroflot-Chef Waleri Okulow nach Angaben der Agentur Itar-Tass in Moskau. Laut Regierungsangaben starb bei dem Absturz auch der im Kaukasus äußerst umstrittene Armeegeneral und Präsidentenberater Gennadi Troschew, der während des Tschetschenien-Kriegs in den 1990er Jahren die russischen Truppen im Nordkaukasus kommandiert hatte. Troschew beriet den Kreml in der Kosakenfrage. Zudem waren hohe Funktionäre des Sambo-Sportverbandes an Bord. Der ehemalige Kremlchef Wladimir Putin ist ein erklärter Anhänger der russischen Kampfsportart Sambo (Selbstverteidigung ohne Waffe). In Perm am Ural und in Moskau gab es widersprüchliche Angaben zum Zeitpunkt der Explosion des Flugzeuges. Augenzeugen hatten berichtet, dass die Maschine bereits in der Luft explodiert sei. Der russische Luftverkehrsexperte Anatoli Kwotschur hielt diese Version für möglich, da die Trümmer in einem ungewöhnlich großen Umkreis von vier Kilometern verstreut waren. Auf einer Bahnstrecke suchten Helfer in tausenden von kleinen Trümmerteilen nach Hinweisen auf die Ursache.
Rätseln über die Unglücksursache
Viele Anwohner berichteten von Feuer in der Luft. «Das sah aus wie ein Komet», sagte eine Frau dem russischen Fernsehsender ORT. «Meine Frau weckte mich mit einem Schrei. «Schau, was ist das? Haben wir Krieg?»», schrieb ein Anwohner in sein Internet-Tagebuch. Das Fernsehen zeigte ein verkohltes Wrackteil in einem Gemüsegarten. Unklar blieb, weshalb die Maschine zu einem zweiten Landeanflug auf Perm ansetzen musste. Präsident Medwedew sprach den Angehörigen sein Beileid aus und sicherte ihnen Unterstützung zu. Die Generalstaatsanwaltschaft ging nach Angaben ihres Chefermittlers Alexander Bastrykin zunächst von einem Verstoß gegen die Sicherheit im Luftverkehr aus. Die Aeroflot-Führung teilte mit, dass das 15 Jahre alte Flugzeug noch in diesem Jahr gewartet worden sei. Die Maschine gehörte zur Flotte der Aeoroflot-Nord, die insgesamt acht 737 im Einsatz hat. Aeroflot kündigte wenige Stunden nach dem Absturz an, ab sofort keine Flüge mehr gemeinsam mit dem Tochterunternehmen durchzuführen. Der Radiosender «Echo Moskwy» berichtete, dass ein Triebwerk an der Boeing ausgefallen war.
Hochhäuser ganz in der Nähe
Die Boeing mit der Flugnummer 821 war gegen 01.10 Uhr MESZ (3.10 Uhr Ortszeit) vom Moskauer Flughafen Scheremetjewo gestartet und vor der Landung in einem unbewohnten Gebiet der östlichsten Millionenstadt Europas abgestürzt. Bis zu den Hochhäusern seien es nur einige hundert Meter gewesen. Die Maschine habe in 1800 Metern Höhe den Kontakt zur Flugleitung verloren, sagte eine Zivilschutz-Sprecherin. Ermittler stellten am Sonntag die beiden Flugschreiber sicher, mit deren Hilfe die Ursache des Unglücks geklärt werden soll.
Durch den Aufprall der Flugzeugteile wurden am Boden Gleisanlagen sowie Elektroleitungen der Transsibirischen Eisenbahn auf etwa einem halben Kilometer Länge zerstört. Von Moskau aus startete eine Sondermaschine mit 60 Bergungskräften, Ermittlern und Psychologen, um zu dem Unglücksort zu gelangen und die Angehörigen der Opfer zu betreuen. Niemand habe den Absturz überleben können, sagte die Zivilschutz-Sprecherin Irina Andrianowa. Am Ort des Unglücks waren rund 300 Helfer im Einsatz.
Laut der russischen Statistikbehörde kamen 2007 bei 23 Flugzeugunglücken in Russland 41 Menschen ums Leben. Auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion war zuletzt am 24. August eine knapp 30 Jahre alte Maschine vom Typ Boeing 737 in der zentralasiatischen Republik Kirgistan abgestürzt. Dabei starben mindestens 65 Menschen. (dpa)