Der verzweifelte Hilferuf der Geiseln - er kam zu spät
Die im Jemen entführten Deutschen riefen kurz nach ihrer Verschleppung eine Kollegin an. Weiter Sorge um die fünköpfige deutsche Familie
SANAA „Drei bärtige Männer versperren uns mit einem Geländewagen den Weg. Sie haben Waffen!“ – so ähnlich müssen die im Jemen entführten Deutschen um Hilfe gerufen haben. Bevor Johannes H., seine Familie und die anderen Entwicklungshelfer von den Kidnappern überwältigt und verschleppt wurden, gaben sie per Handy noch einen letzten Hilferuf ab. Sie erreichten eine Krankenschwester im Al-Dschumhuri-Krankenhaus in Saada, berichtet die „Yemen Times“. Die informierte sofort die Polizei.
Die getöteten deutschen Pflegehelferinnen und die südkoreanische Lehrerin sollen bereits kurz nach diesem dramatischen Hilferuf erschossen worden sein. Ein jemenitischer Arzt widersprach Medienberichten, denen zufolge die Mädchen verstümmelt wurden. Sie seien von mehreren Schüssen getötet worden, möglicherweise als sie zu fliehen versuchten.
Sind die neun Menschen aus Leichtsinn in die Entführungsfalle gelaufen? Das jedenfalls warfen jetzt die Behörden im Jemen den Opfern vor. Die dem Verteidigungsministerium nahestehende Zeitung „26. September“ schreibt: „Die Deutschen, die Südkoreanerin und der Brite hätten das Krankenhaus über ihren Ausflug informieren müssen.“ Die Gruppe wollte auf einem Bauernhof in der Ortschaft Ghara ein Picknick machen – offensichtlich hatten sie niemandem Bescheid gesagt.
Inzwischen gibt es aber erste Hinweise auf die Täter: Die Geiselnehmer könnten laut „Yemen Times“ aus dem Umfeld wahabitischer Extremisten aus dem Nachbarland Saudi-Arabien stammen. Der Wahabismus ist eine puritanische Form des sunnitischen Islam, denen auch die Fundamentalisten von Al-Qaida angehören. In den vergangenen Jahren soll es häufiger zu Gefechten zwischen saudischen Wahabiten und den jemenitischen Schiiten gekommen sein, womöglich sind die Deutschen in diesen Machtkampf geraten. In der Heimat der noch verschwundenen Deutschen wächst die Sorge: „Wir hoffen alle, dass die Geiseln am Leben sind“, sagte eine Sprecherin ihrer Heimatgemeinde Hochkirch.
Unterdessen wurde am Dienstag erneut eine Entwicklunghelferin entführt. Die Leiterin eines SOS-Kindergartens in Somalia wurde auf ihrem Nachhauseweg von zwei mit Pistolen bewaffneten Männern gestoppt. Die beiden zwangen sie auszusteigen und entführten sie in einen Pkw. Bisher fehlt von ihr jede Spur.