Der Vatikan steht dahinter: Kirchenbann gegen Schwule

Die Paraden zum „Christopher Street Day“ sind der Auslöser: Wie führende Katholiken Stimmung gegen Homosexuelle machen – und warum sie sich dabei auf Papst Benedikt XVI. berufen können
von  Abendzeitung
Setzt sich schon seit Jahrzehnten kritisch mit Homosexualität aiseinander: Papst Benedikt XVI
Setzt sich schon seit Jahrzehnten kritisch mit Homosexualität aiseinander: Papst Benedikt XVI © dpa

Die Paraden zum „Christopher Street Day“ sind der Auslöser: Wie führende Katholiken Stimmung gegen Homosexuelle machen – und warum sie sich dabei auf Papst Benedikt XVI. berufen können

MÜNCHEN In massiver Form haben in den letzten Tagen unterschiedliche Kirchenkreise Front gegen Homosexuelle gemacht. Nachdem schon die Pius-Bruderschaft und der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper die Umzüge von Schwulen und Lesben zum „Christopher Street Day“ scharf verurteilt hatten, übte jetzt auch der englische Erzbischof Michael Nazir-Ali von der anglikanische Kirche heftige Kritik.

Die Kirche begrüße zwar homosexuelle Menschen, „wir wollen aber, dass sie Buße tun und sich ändern“, sagte der Bischof, der zum konservativen, den Katholiken nahe stehenden Flügel seiner Kirche zählt.

Homosexuelle und (katholische) Kirche – dieses Verhältnis ist seit jeher gespannt. 1986 hatte der heutige Papst Benedikt XVI. (als damaliger Kardinal Ratzinger Vorsitzender Glaubenskongregation) die Marschroute festgelegt. In einem Brief an alle Bischöfe schrieb er: „Die spezifische Neigung der homosexuellen Personen ist zwar in sich nicht sündhaft, begründet aber eine Tendenz, die auf ein sittlich betrachtet schlechtes Verhalten ausgerichtet ist.“

Homosexuelles Tun widerspreche – weil es kein Leben weitergebe – dem Wesen christlicher Liebe, wie sie im Evangelium gefordert werde. Darum verdienten homosexuelle Lebensgemeinschaften – im Gegensatz zu Ehe und Familie – keine Anerkennung. Im Gegenteil: Sie seien, so Ratzinger, „für die gesunde Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich“.

Einspruch, sagt da Reinhold Weicker von der ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK): „Die Beschränkung der Legitimität sexuellen Handelns auf die Möglichkeit der Fortpflanzung entspricht wohl christentümlichen Traditionen, aber nicht christlichen Prinzipien. Jesus predigte nicht die Fortpflanzung, sondern Liebe, Zusammenhalt und Verlässlichkeit.“

Im Jahr 2005 untersagte der Vatikan dann sogar, dass „praktizierende Homosexuelle“ zum Priester geweiht werden – und das bei einer Zahl von geschätzten 20 Prozent Homosexueller innerhalb des Klerus. Doch Rom beharrt darauf, dass Homosexuelle abnorm und irgendwie krank seien sowie geheilt werden müssten. Dazu der Jesuit und Psychotherapeut Hermann Kügler: „Die Kirche hinkt bei der Rezeption vieler wissenschaftlicher Einsichten hinterher. Homosexualität etwa gilt heute als normale Variante sexuellen Verhaltens. Sie ist mit dem Willen und therapeutisch nicht zu beeinflussen – so wenig wie ob Leute rote oder schwarze Haare haben. Die katholische Kirche sieht die Homosexuellen zwar nicht mehr als Sünder an, aber doch als Kranke, denen mit Liebe und Achtung zu begegnen ist.“ M. Heinrich

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