Der stille Tod der Honigbienen

Die EU-Kommission erwägt ein Verbot von drei Pestiziden zum Schutz der Insekten. Doch von mehreren Seiten regt sich erbitterter Widerstand.
Detlef Drewers |
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Pestizide und Milben machen Bienen zu schaffen.
Lino Mirgeler/dpa Pestizide und Milben machen Bienen zu schaffen.

Die stille Idylle der gelb-schwarzen Insekten gibt es nur noch in alten Kinderliedern. Tatsächlich kämpfen nicht die deutschen, sondern auch die europäischen Bienen ums Überleben.

Als im Vormonat der Deutsche Imkerverband zur Jahrestagung nach Berlin lud, machten erschreckende Zahlen die Runde: Von den etwa 700 000 Bienenvölkern, die der Verband hierzulande bisher zählte, haben rund 120 000 den Winter nicht überlebt. Auch wenn daran eingeschleppte Parasiten wie die Varroa-Milbe nicht ganz unbeteiligt sind, geben viele Fachleute Pestiziden eine erhebliche Mitschuld.

Für Jean-Claude Juncker hat das Thema "oberste Priorität"

Der Warnruf ist bei der Brüsseler EU-Kommission angekommen. Deren Sprecher betonte gestern, für Präsident Jean-Claude Juncker und die übrige Kommission habe das Thema "oberste Priorität". Konkrete Schritte werden vorbereitet: Sollten die Mitgliedstaaten zustimmen, könnten drei Pestizide, die der Gruppe der Neonicotinoide zugerechnet werden, noch in diesem Jahr verboten werden.

Von den drei Präparaten Clothiandin und Imidacloprid aus dem Hause Bayer sowie Thiamethixam von Syngenta gehe ein "hohes Risiko" für die Tiere aus, heißt es in einem Arbeitspapier der Brüsseler Behörde. Die Substanzen können seit 2013 ohnehin nicht mehr ohne Auflagen genutzt werden.

Sollte der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel, in dem die Experten der Kommission und der EU-Länder sitzen, im Mai einem formellen Vorstoß zustimmen, dürfen die Pestizide ab November 2017 nur noch innerhalb geschlossener Gewächshäuser benutzt werden.

Für die beiden Chemie-Konzerne wäre das ein erheblicher Rückschlag. "Wir lehnen den Vorschlag der Europäischen Kommission ab", hieß es vor wenigen Tagen aus der Bayer-Zentrale.

Chemie-Konzerne klagen bereits gegen das Teilverbot

Noch läuft eine Klage, die beide Hersteller gegen das bestehende Teilverbot eingereicht haben. Die Unternehmen berufen sich darauf, dass es keine hinreichenden Beweise gebe, die ein Verbot begründen würden. Auch viele Landwirte hoffen, dass Brüssel ihnen die Nutzung weiter erlaubt, weil sie die Stoffe als Beizmittel für ihr Saatgut, aber auch als Spritzmittel während der Wachstumsphase von Pflanzen verwenden.

Bei der zuständigen EU-Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa) im italienischen Parma hat man bereits Risiken der drei Präparate für die Honigbienen ausgemacht.

Die Kommission erklärte aber, sie werde sich bei ihrem Vorschlag sowohl auf die Vorergebnisse der Efsa als auch auf die Stellungnahmen der Hersteller stützen, wenn sie im Mai möglicherweise für ein Verbot plädiert.

Damit droht der Gemeinschaft nach dem Streit um die Zulassung von Genmais ein weiterer monatelanger Krach der Experten.

Denn die Efsa kann ihren Schlussbericht bis dahin nicht fertigstellen. Was von den Vorergebnissen zu halten ist, führt die Agentur in einer Erklärung selbst aus: "Ein Großteil der Daten wurde vor der Erstellung des aktuellen Gutachtens generiert und liefert deshalb nicht in allen Fällen die notwendigen Informationen".

Kritiker verweisen gerne auf Frankreich. Die dortige Regierung hatte 2016 beschlossen, die einschlägigen Substanzen ab 2018 ganz zu verbieten.


Ja wo fliegen sie denn?

An den ersten Blüten des Jahres herrscht, kaum ist die Sonne wärmer und die Tage länger, reges Treiben. Im Botanischen Garten München kann man nicht nur verschiedene Honigbienen beim Pollensammeln beobachten, auch Wildbienen mischen sich ins Getümmel. Manche haben eine Nummer.

Wildbiene Nummer 92: Ein Osmia-cornuta-Männchen sitzt auf einer Löwenzahn-Blüte. Foto: Andreas Fleischmann

Hintergrund ist kein lustiges Ostergewinnspiel, sondern eine Untersuchung von Biologen der LMU und der Botanischen Staatssammlung. Durch das Markieren der Wildbienen, von denen es im Botanischen Garten mehr als 100 Arten gibt, soll herausgefunden werden, wie weit diese fliegen – auf der Suche nach Pollen oder Nektar von bestimmten Blüten, nach Partnern, oder Nistplätzen.

Wenn Sie eine markierte Biene entdecken, können Sie ihren Fund direkt bei wildbienen@bio.lmu.de melden oder einen der im Botanischen Garten ausliegenden Flyer nutzen.

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