Der schwierige Gast

Am Donnerstag kommt der Dalai Lama nach Deutschland. Der Besuch steht im Zeichen des Konflikts mit China. Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul trifft als einziges Mitglied der Bundesregierung das religiöse Oberhaupt der Tibeter.
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Am Donnerstag kommt der Dalai Lama nach Deutschland. Der Besuch steht im Zeichen des Konflikts mit China. Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul trifft als einziges Mitglied der Bundesregierung das religiöse Oberhaupt der Tibeter.

Auf den letzten Drücker hat sich nun doch noch ein Mitglied der Bundesregierung bequemt: Gestern gab der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg bekannt, dass Entwicklungshilfeministerin Heidi Wieczorek- Zeul (SPD) den Dalai Lama treffen wird, wenn er am Montag nach Berlin kommt. Das Treffen wird allerdings nicht im Ministerium stattfinden.

Schon vergangene Woche habe Wieczorek-Zeul die Absicht gehabt. Gesagt habe man nur nichts, weil der Termin noch nicht stand. Morgen reist der Dalai Lama auf Einladung der Tibet Initiative Deutschland (siehe unten) an - er kommt nach Bochum, Mönchengladbach, Nürnberg, Bamberg und Berlin.

Schon oft zu Gast in Deutschland

In Deutschland war das religiöse Oberhaupt der Tibeter schon oft. Diesmal aber ist sein Besuch besonders heikel. Knapp drei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking und nach den März-Unruhen in Tibet wartet die Öffentlichkeit auf Aussagen zu den Protesten in Tibet und zu den Gesprächen mit China.

Doch schon bevor er die Reise antrat, gab es politische Verwicklungen. Hatte im vergangenen Jahr Bundeskanzlerin Angela Merkel Seine Heiligkeit im Kanzleramt empfangen, kassierte er diesmal eine Absage nach der anderen. Merkel weilt in Lateinamerika, Bundespräsident Horst Köhler sagte „aus Termingründen“ ab. Der Journalist Franz Alt, ein Vertrauter des Dalai Lama, wetterte: Der Bundespräsident geht vor den Chinesen in die Knie. Das ist Feigheit.“ Etwas diplomatischer, aber dennoch deutlich war Grünen- Chefin Claudia Roth: „Es stünde Köhler gut, nicht wegzugucken, sondern Gastfreundschaft zu zeigen“, sagte sie.

Auch Außenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) gehört zu den Absagern – und kassierte dafür nicht nur Kritik von den Grünen, sondern auch aus der Union. So von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, der den Dalai Lama ebenso treffen wird wie Jürgen Rüttgers (CDU), Ministerpräsident von NRW, Claudia Roth, Bundestagspräsident Jürgen Lammert, der Unionsfraktionschef Volker Kauder und die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Herta Däubler-Gmelin. Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der den Dalai Lama seit vielen Jahren verehrt, schüttelt ihm kurz die Hand. Er trifft den 72-Jährigen am Flughafen in Frankfurt, wo er auf Durchreise ist.

Auch Kritik von Koch

Am Mittwoch kritisierte auch Koch den Außenminister. Steinmeier gehe „das Risiko ein, dass in China der Eindruck entsteht, die Menschenrechtsfrage sei doch nicht so ein zentrales Anliegen der Bundesregierung“ wie es Merkel 2007 zum Ausdruck gebracht habe. Ein solcher Eindruck wäre „in der Phase der beginnenden Gespräche fatal.“

Auch CSU-Chef Erwin Huber fiel ein: „Ich hätte mehr Courage von Steinmeier erwartet“, sagte er. Die Menschenrechte sind zentrales Thema der Vorträge, die der Dalai Lama auf seiner Reise halten wird. „Kein Frieden ohne Menschenrechte“ lautet das Motto. In einem Interview, das der Friedensnobelpreisträger eine Woche vor seiner Ankunft im „Spiegel“ veröffentlichen ließ, warf er der chinesischen Führung erneut Menschenrechtsverletzungen in Tibet vor. Das Gesprächsangebot der chinesischen Führung sei das Ergebnis internationalem Drucks gewesen. „Ich kann nur jede freie Gesellschaft, auch Deutschland, ermutigen, diesen Druck weiter aufrechtzuerhalten. Die Chinesen sind sehr wohl um ihr internationales Ansehen besorgt.“ Gleichzeitig sagt er, er hoffe, die chinesischen Proteste hielten sich diesmal in Grenzen.

Wenig um chinesische Proteste oder bundespolitische Streitereien schert sich Nürnbergs OB Ulrich Maly (SPD). Der prominente Gast wird sich im Rathaus ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Es sei „doch klar“, dass man den Friedenskämpfer offiziell empfange. „Ich bin doch nur ein kleiner Oberbürgermeister. Was habe ich schon mit Herrn Steinmeier zu tun.“

Tina Angere

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