Der Lese-Lümmel: Was Buben schmökern

Bücher sind Mädelskram? Von wegen. Ein Strichmännchen aus den USA bringt endlich auch Buben zum Schmökern – in „Gregs Tagebuch“.
Der kleine Kerl ist kaum daumengroß, er pöbelt und blafft und drängelt sich überall in den Vordergrund: Greg Heffley, ein amerikanischer Comicroman-Schulbub erobert gerade die Herzen von Deutschlands Buben. Schon 400.000 hat er mit dem Lese-Virus infiziert, seit seine „Tagebücher“ vor gut einem Jahr über den großen Teich kamen.
Und zwar genau die Zielgruppe von sieben bis elf Jahren, von denen 80 Prozent eigentlich Leseverweigerer sind, die sich am liebsten hinter Nintendos, Fernsehern und Computerspielen verschanzen. Für Pädagogen und Kinderbuch-Macher ist das eine Sensation.
Greg ist die ideale Identifikationsfigur für Bücherverweigerer. Der lümmelige Pennäler, gerade der Grundschule entwachsen, hat von seiner Mutter ein Tagebuch geschenkt bekommen, so ein albernes „Mädchen“-Ding. Trotzdem schreibt er einfach mal los: Von seinen lästigen Brüdern, seinem trotteligen Freund Rupert, von dem täglichen Überlebenskampf in der Schule, wo er „von Idioten umgeben" ist (so lautet auch der Titel von Band 1) – und bestückt die Texte mit rotzigen Strichmännchen-zeichnungen. Dabei offenbart er so unbeschwert all seine charakterlichen Macken, dass man ihm einfach nicht böse sein kann.
In Amerika ist er längst ein Kinder-Superstar
Erdacht hat den kleinen Lümmel der 39-jährige US-Autor Jeff Kinney, der „Gregs“ Geschichten in seiner Kindheit fast alle selber erlebt hat. 27 Millionen Greg-Bücher hat er unter dem Titel „Diary of a Whimpy Kid“ in nur zwei Jahren in Amerka verkauft und ist da längst ein Kinder-Superstar. Buchhändlern wird gerade der neue, vierte, Band aus den Händen gerissen. Demnächst kommt der erste „Greg“-Film in die US-Kinos. Und in Deutschland hat der elfjährige „Wilde-Kerle“-Filmliebling Nick Romeo Reimann die ersten drei „Tagebücher“ (Baumhaus Verlag) als Hörbücher eingelesen – sie sind schon ein Renner.
Dass die neue Lesebegeisterung anhält, damit rechnen die deutschen Verlage fest. Weshalb sie den Buben (endlich) eine ansehnliche Fülle an Schmökerstoffen anbieten, die über das übliche Comic- oder Piraten-Fußball-Krimi-Programm hinausgeht. Großartige Lesebücher etwa hat cbj herausgebracht, wie das neue „Dangerous Book for Heroes“. Immer mehr Buben lesen in Ratgebern wie „Das ultimative Handbuch für Jungs“ (Coppenrath) oder „Das Jungsfragebuch (Ravensburger).
Vielleicht kommt nach dem Buben-Leseboom bald die Schreib-Euphorie. Gregs neues Tagebuch zum Selbervollschreiben (Titel: „Meine bekloppten besten Freunde“) dürfte lustigen Stoff hergeben.
Irene Kleber
Was Buben gerne schmökern
Dangerous Book for Boys (Conn Iggulden, Hal Iggulden, cbj Verlag, 9,95 ), ab 10. Das schlauste Handbuch seit Fähnlein Fieselschweif.
Das wilde Pack (Andre Marx, Boris Pfeiffer, Kosmos, 7,95 )ab 8. Eine Bande von Tieren in Höhlen unter der Stadt will zurück in die Freiheit.
Miesel und die Gruselgrotte (Ian Ogilvy, Ravensburger, 7,95 ), ab 9. Miesel kämpft gegen Monsterameisen und gefräßige Werwölfe und rettet dabei eine Schulklasse.
Rico, Oskar und die Tieferschatten (Andreas Steinhöfel, Carlsen, 12,90 ), ab 10. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Das Jungsfragebuch – Was Jungs wissen wollen (Wolfgang Hensel: Ravensburger, 6,95 ), ab 11. Ein Sachbuch zum Pubertätsstart.
Vater und Sohn – Sämtliche Streiche und Abenteuer (E. O. Plauen, Südverlag, 24,90 ), ab 7. Bildergeschichten mit Papa und Sohn.
Das ultimative Handbuch für Jungs (Holger Luh- mann, Coppenrath, 9,95), ab 8. Was Buben wissen müssen.
Lego Star Wars, Lexikon der Figuren, Raumschiffe und Droiden (Dorling Kindersley, 16,95 ), ab 8. Ein Nachschlagewerk mit allen galaktischen Fakten.