Der Horn-Handel

Johannesburg - 250 Soldaten in Vollzeit haben im südafrikanischen Krüger-Nationalpark nur eine Aufgabe: die dort lebenden Nashörner vor illegalen Wilderern schützen. Die skrupellosen Jäger bringen die Tiere um und schneiden ihnen das Horn ab. Das Lebewesen zählt für sie nicht. Es geht um’s Geld. Sehr viel Geld.
Die Zahl der getöteten Tiere in Südafrika ist im vergangenen Jahr rasant angestiegen – um 21 Prozent. Um den unerlaubten Handel mit den kostbaren Hörnern zu stoppen, fordern Experten nun eine eher ungewöhnliche Maßnahme: Sie wollen, dass das Nashorn-Geschäft legalisiert wird.
Die Argumente für einen legalen Handel: „Wir müssen einen Weg finden, die Nachfrage zu bedienen, ohne die Nashörner zu töten. Mit einer legalen, ethisch vertretbaren Versorgungsquelle könnten wir es schaffen“, sagt John Hume. Er gehört dem Verband Privater Nashornbesitzer in Südafrika an. Auch die südafrikanische Regierung ist für die Legalisierung des Horn-Handels.
Der Vorschlag von Experten: Den Tieren sollen lebendig ihre Hörner entfernt werden und so dem Anreiz für Wilderer entgegengewirkt werden. Die Hörner könnten dann legal auf einem strikt regulierten Markt verkauft werden. Die Horn-Entfernung ist zwar relativ teuer (580 Euro pro Operation). Da der Verkaufspreis für das Horn später allerdings sehr viel höher ist, könnte es sich für die Besitzer trotzdem lohnen, so die Befürworter.
Tierschützer: Beim Elfenbein hat das auch nichts gebracht
Das sagen Tierschützer zur Legalisierung: Sie bleiben skeptisch. Der Handel mit dem wertvollen Horn lasse sich nur schwer regulieren, so die Experten von der Umweltorganisation WWF in Südafrika. Ähnliches wurde auch schon beim Elfenbein versucht. Der Handel wurde 2008 in den vier afrikanischen Staaten Namibia, Südafrika, Botswana und Simbabwe für legal erklärt. Geholfen hat das nichts, im Gegenteil: „Die Legalisierung des Handels hat es nur schlimmer gemacht“, sagt Mary Rice von der Umwelt-Lobbyorganisation Environmental Investigation Agency.
Denn: „Die Nachfrage in China ist noch immer hoch und wächst weiter. Der Preis für legales Elfenbein ist so hoch, dass die illegalen Händler die Preise unterbieten und trotzdem noch großen Profit machen können.“ Die Organisation „Rettet den Regenwald“ spricht sogar von einem „Massaker“, das droht, wird der Handel mit dem Horn legalisiert. Es fordere die Wilderer regelrecht dazu auf, die Tiere zu erlegen.
Für eine mögliche Legalisierung des Horn-Handels müssen dem Antrag Südafrikas die Mitgliedstaaten des Artenschutzabkommens CITES zustimmen. Die entscheidende Konferenz findet laut den Tierschützern von „Rettet den Regenwald“ im Jahr 2016 statt.
Was die Hörner einbringen: Auf dem Schwarzmarkt wird ein Kilogramm des Horns für etwa 60 000 Euro gehandelt. Zum Vergleich: 40 Prozent der Südafrikaner leben unter der Armutsgrenze und verdienen im Jahr weniger als 5000 Rand. Das sind umgerechnet 365 Euro.
Wer die Hörner vor allem kauft: Rhinozeroshörner bestehen überwiegend aus Keratin, einem Protein, das man auch in Haaren und Fingernägeln findet. In Asien ist die Nachfrage danach groß, weil es angeblich die Potenz fördert. Es wird auch zur Behandlung von Krebs und anderen Krankheiten eingesetzt.
Die Situation in Südafrika: Innerhalb Südafrikas ist der Handel mit Rhinozeroshörnern schon seit dem Jahr 2009 gesetzlich verboten, auf internationaler Ebene darf schon seit 1977 nicht mehr mit dem wertvollen Gut gehandelt werden. Trotzdem wurden im vergangenen Jahr in Südafrika 1215 Nashörner getötet. Der südafrikanischen Regierung zufolge stieg damit die Zahl der illegalen Tötungen im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent. Insgesamt sollen rund 8000 Kilo Nashorn auf dem Schwarzmarkt verkauft worden sein. Das macht beim angenommenen Preis einen Wert von umgerechnet 480 Millionen Euro. Mit rund 25 000 Tieren hat das Land die größte Nashorn-Bevölkerung weltweit. Bleibt es bei der derzeitigen hohen Wilderer-Rate, würde das theoretisch bedeuten, dass es in spätestens 20 Jahren keine Nashörner mehr in Südafrika gibt.