Der große Glücks-Fall

NEW YORK - Das Wunder auf dem Hudson River in New York: Wie Pilot Chesley B. Sullenberger und die Passagiere den Absturz erleben. Schuld am Unglück ist ein Vogelschlag.
Es war ein „Wunder auf dem Hudson“, sagte New Yorks Gouverneur David Patterson in Anspielung auf den Weihnachtsfilm „Das Wunder von der 34. Straße“. Auch zwei Tage nach dem Absturz klingt die Nachricht immer noch unglaublich: Alle 155 Insassen eines US-Fliegers haben die Notlandung auf dem Hudson River in New York überlebt.
Er ist der Held: Pilot Chesley B. Sullenberger, genannt Sully. Der 57-Jährige ist ein ehemaliger Kampfpilot, der seit 1980 für US Airways fliegt und in Ausschüssen und Organisationen zum Thema Flugsicherheit engagiert ist.
Eine Minute nach dem Start meldet der Pilot „doppelten Vogelschlag“
Donnerstag, 15.26 Uhr Ortszeit auf dem New Yorker Airport LaGuardia: Mit einigen Minuten Verspätung hebt Flug 1549 Richtung Charlotte im Bundesstaat North Carolina ab. Die Maschine steigt über Flushing Bay auf, knapp 600 Meter tiefer kommt die Bronx in Sicht. Die Passagiere machen es sich bequem, einige schließen die Augen und versuchen zu schlafen. Die Maschine gewinnt weiter an Höhe, 800 Meter, 1000 Meter. Appartement-Türme gleiten unter dem Flugzeug vorbei, davor liegt der Hudson.
Sullenberger weiß, dass etwas nicht stimmt. Eine Minute nach dem Start hat er der Flugsicherung einen „doppelten Vogelschlag“ gemeldet – wahrscheinlich Wildgänse. Er muss zum Flughafen zurück. Dann bricht der Funkverkehr ab.
Der Airbus ist keine fünf Minuten unterwegs, Fred Berretta ist gerade eingenickt. Ein Schlag erschüttert die Maschine. Aus dem Fenster von seinem Sitz 22A sieht Jeff Kolodjay, wie Flammen aus dem Triebwerk schlagen. Als die Wasseroberfläche des Hudsons immer näher kommt, schlingt Bill Zuhoski seine Arme um den Sitz vor ihm – für die Notlandung. Vallie Collins tippt noch schnell eine SMS an ihren Ehemann: „Mein Flugzeug stürzt ab.“
Der Airbus dreht nach links Richtung Hudson. Er verliert schnell an Höhe. „Brace for impact – Fertigmachen für den Aufschlag“, bellt die Stimme des Piloten aus den Kabinenlautsprechern. Kolodjay spricht ein Ave Maria. Berretta betet. Dann schlägt das Flugzeug auf dem Wasser auf.
Für eine Sekunde dachte ich, ich werde im Flugzeug sterben"
Chaos in der Kabine: „Menschen rannten durch den Mittelgang, andere wurden aus dem Weg geschubst“, sagt Passagier Dave Sanderson. Das graue Wasser des Hudson schlägt gegen die Scheiben. Langsam dringt es in die Kabine ein. „Für eine Sekunde dachte ich, ich werde im Flugzeug sterben. Ich werde ertrinken“, sagt Bill Zuhoski.
Wenige Augenblicke nach dem Aufprall bewegen sich die Insassen in Richtung der Ausgänge. „Frauen und Kinder zuerst“, rufen einige Männer. An den Türen vorne und in der Mitte der Maschine verlassen die Passagiere die Maschine. Nur einer bleibt: Kapitän Sullenberger. Er schreitet das Flugzeug ab, zweimal, um sicherzugehen, dass niemand mehr an Bord ist.
Viele Passagiere retten sich auf die Tragflächen, andere in Schlauchboote. Ein paar springen ins Wasser. Hilfe kommt schnell: Fähren und Boote der Polizei und der Küstenwache eilen herbei und nehmen die teils verletzten Passagiere auf. Eine Frau mit einem neun Monate alten Baby muss überredet werden, ihr Kind zu den Rettern zu werfen. Auf dem Festland fallen sich Gerettete in die Arme. Alle haben überlebt. Ein Wunder.
cl