Dem Killer-Keim auf der Spur
Immer mehr schwer Erkrankte – bereits 140 schweben in Lebensgefahr. Experten suchen nach der Quelle der schweren Darm-Infektionen – und haben eine Spur.
München/Hamburg - Die Ungewissheit kann noch Tage oder Wochen anhalten. So lange wird es möglicherweise dauern, bis die Quelle der großen Zahl von EHEC-Infektionen gefunden ist. Und erst dann können zuverlässige Informationen gegeben werden, wie man sich vor dem gefährlichen Darm-Keim schützen kann. Die Zahl der Todesopfer hat sich gestern nicht erhöht, dafür aber die Anzahl der lebensgefährlich Erkrankten – auf 140. Drei Menschen sind gestorben.
Auf jeden Fall scheint die Quelle der Infektionen in Norddeutschland zu liegen. In Bayern zum Beispiel liegen nur zwei Menschen mit EHEC in der Klinik: Ein aus Norddeutschland stammender Mann, der auf der Durchreise durch Bayern erkrankte und eine Frau, die zuvor zu Besuch im Norden gewesen war.
Die Zahl der bundesweit Erkrankten ist auf mehr als 500 gestiegen. Was den Medizinern Sorge bereitet ist die hohe Zahl von schwer Erkrankten, die am lebensgefährlichen Hämolytisch-Urämischen- Syndrom (HUS) leiden. Ihre Zahl ist in den letzten 24 Stunden um 50 auf 138 gestiegen. Sie alle werden auf Intensivstationen behandelt, bekommen Dialyse, weil bei ihnen die Nierenfunktion schon stark eingeschränkt ist.
Der Berufsverband der deutschen Internisten hat darauf hingewiesen, dass man schon beim Verdacht auf EHEC zum Arzt gehen sollte. Die Infektion mit dem aggressiven Darmkeim macht sich anfangs durch starke, krampfartige Bauchschmerzen bemerkbar. Dazu kommen schnell Durchfall, der zunächst wässrig, bald aber blutig ist. „Der blutige Durchfall ist ein höchstgradiges Warnsymptom, sagt Wolfgang Wesiack vom Internistenverband.
Allerdings seien Patienten derzeit so sensibilisiert, dass sie richtigerweise bereits mit akutem, wässrigen Durchfall einen Arzt aufsuchen. Begleitet werde die Infektion „von Übelkeit, gelegentlich auch von Erbrechen und Fieber. „Es kann Fieber dabei sein, es muss aber nicht dabei sein.“
Wer mit diesen Symptomen beim Arzt ist, sollte Wesiack zufolge darauf bestehen, dass eine bakteriologische Stuhluntersuchung gemacht wird. Bis das Ergebnis aus der Stuhlprobe vorliegt, dauere es ein paar Tage, da die Keime im Labor wachsen müssen.
Fast wie ein Krimi spannend ist die Suche nach der Quelle der Erkrankungen. Die Experten gehen davon aus, dass die Durchfallerkrankungen nicht im Zusammenhang mit dem Genuss von rohem Fleisch oder Rohmilch stehen. Susanne Glasmacher vom Robert- Koch-Institut. „Es könnte Gemüse sein, aber auch andere Lebensmittel.“
RKI-Mitarbeiter sind derzeit dabei, Erkrankte danach zu befragen, was sie gegessen haben, um dem Verursacher auf die Spur zu kommen. Susanne Glasmacher: „Die Suche nach der Herkunft der Erreger dürfte vermutlich keine Sache von Stunden, sondern eher von Tagen oder Wochen sein.“ Allerdings gibt es laut Susanne Huggett, Leiterin des Großlabors Medilys, einen ersten Verdacht: „Im Moment sieht es so aus, als wenn Salatbar, also vorbereitete Salatteile eine Rolle spielen.“
Gemüse
- Rohes Gemüse und Obst vor dem Konsum schälen oder zumindest gründlich waschen.
- Vorsicht bei vorportionierten Salaten aus dem Supermarkt („Salatbars“). Sie könnten, nach Ansicht mancher Experten, die Quelle der Verbreitung sein.
- Frisch gekauftes Gemüse und Obst, zum Beispiel vom Wochenmarkt oder der Supermarkttheke , sollte nicht sofort „aus der Hand“ genascht werden.
- Da Kinder besonders empfänglich für Durchfallerkrankungen sind, sollten vorsichtige Eltern ihnen in der nächsten Zeit keine Rohkost in Form von Gurkenstreifen, Paprika oder Wurzelgemüse geben.
- Da die Quelle der Verseuchung noch nicht bekannt ist, gibt es keine spezielle Warnung für Bio-Gemüse und -Obst. Die Vermutung, dass die EHEC-Keime von mit Gülle gedüngten Feldern stammen, ist sehr vage.
Sonstige Ernährung
- Fleisch und Hackfleisch von Wiederkäuern vor dem Verzehr ausreichend erhitzen (mindestens 70 Grad für zwei Minuten im Inneren).
- Rohmilch, also unbehandelte Milch direkt vom Bauernhof, vor dem Verzehr abkochen.
- Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen und sorgfältig abtrocknen (mindestens vor der Zubereitung von Speisen, nach Kontakt mit Tieren oder rohem Fleisch und vor dem Essen).
- Rohes Fleisch getrennt von anderen Lebensmitteln lagern und zubereiten, auch verschiedene Bretter, Teller, Messer und Zangen benutzen (auch beim Grillen).
- Flächen und Gegenstände nach Kontakt mit rohem Fleisch, dessen Verpackungen oder Tauwasser sofort gründlich reinigen und abtrocknen.
- Lappen und Handtücher nach der Zubereitung von rohem Fleischmöglichst auswechseln und bei mindestens 60?C waschen.
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- Robert-Koch-Institut