Das Millionen-Geschäft mit falschen Doktortiteln

Ein Geschäftsmann aus Osnabrück fälscht hunderte akademische Titel – und verdient damit Millionen
von  Rosemarie Vielreicher

Wegen Betrugs kann ein 65-jähriger Geschäftsmann nicht belangt werden, jetzt ist er wegen Steuerhinterziehung angeklagt

Die „Yorkshire University“ auf den British Virgin Islands gibt es nicht. Aber Ehrendoktor-Titel mit ihrem Uni-Stempel existieren schon. Sogar unterzeichnet von zwei angeblichen hochrangigen Universitätsangehörigen. Völlig unleserlich.

Ein 65-jähriger Geschäftsmann aus Osnabrück hat sich die Hochschule einfach ausgedacht und mit wohl bis zu 800 gefälschten Doktor-Titeln über Jahre hinweg richtig viel Geld verdient. Wegen Betrugs wurde zwar schon gegen ihn ermittelt, das Verfahren musste aber eingestellt werden. Jetzt bekommt er wieder Schwierigkeiten mit der Justiz und könnte im Falle eines Schuldspruchs sogar ins Gefängnis gehen.

Die Anklage: Laut Staatsanwaltschaft hat er mit seiner Masche 1,8 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Dafür wird der Mann, der sich als „Professor Carlos Niemeyer“ ausgab, jetzt angeklagt. Der Osnabrücker Reinhard K. – so heißt er wirklich – gehörte einer Schweizer Firma an, die sich darauf spezialisiert hatte, Menschen zu einem akademischen Grad zu verhelfen. Vom normalen Doktor bis zum Ehrendoktor, das ging bei der Betrugsfirma alles. Ganz ohne Doktorarbeit. Dafür für viel Geld.

Der angebotene, gefälschte Doktor war hunderten Menschen ziemlich viel Geld wert. Recherchen von „NDR Info“ und der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ ergaben, dass die gefälschten Urkunden teilweise bis zu 15 000 Euro einbrachten.

5,6 Millionen Euro in sieben Jahren landen auf seinem Konto

Der Osnabrücker bot nicht nur Titel der „Yorkshire University“ an, auch von der Technischen Universität in Warschau gab es Doktor-Urkunden zu kaufen. Diese Hochschule existiert zumindest, gefälscht waren die Titel trotzdem. Laut der Staatsanwaltschaft gingen auf dem Konto des Mannes zwischen den Jahren 2003 und 2010 5,6 Millionen Euro ein. Das Geld ließ er dann aber in die Schweiz und nach Panama wandern, versteuert hat er es nirgends. Es geht dabei um fast zwei Millionen Euro.

Auch gegen 70 „Doktoren“ ist ermittelt worden

Beworben soll das Unternehmen die falschen Doktor-Titel mit Werbefaxen, die „Prestige und Ansehen“ versprachen. Man solle es doch einfach so machen wie Prominente und Politiker, zitiert der „NDR“ die trügerische Werbung. Auch E-Mail-Postfächer ließ er mit solchen Spam-Emails Überquellen.

Abgesehen soll er es vor allem auf Selbstständige gehabt haben. Ärzte zum Beispiel. Solche soll er gezielt angeschrieben haben und ihnen den schnellen Titel schmackhaft gemacht haben: „Sie sind erfolgreich im Beruf, haben aber nicht die Zeit, ein langwieriges Studium zu absolvieren, um danach auch noch jahrelang eine Dissertation zu schreiben?“ Diese Masche zog offenbar. 70 mutmaßliche Käufer konnten durch Überweisungen herausgefunden werden. Diejenigen allerdings, die bar bezahlt haben, sind nicht zu ermitteln. Unter den bekannten Käufern war auch ein Zahnarzt aus Hannover. Der wollte nicht nur seinen normalen Doktor-Titel haben, sondern auch den Ehrendoktortitel. Eben von der Yorkshire University.

Der Arzt wurde verurteilt. Warum er nicht wegen Betrugs angeklagt wird: „Das Verfahren wegen Betrugs gegen den Mann wegen des Handels mit den Doktortiteln wurde aber eingestellt“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Alexander Retemeyer, gestern zu dem Fall. Warum? Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Käufer der Doktor-Titel nicht gewusst hätten, dass sie falsche Urkunden kaufen. Laut der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ ist Reinhard K. mittlerweile auf ein anderes Geschäft umgestiegen. Er soll im Internet Geräte gegen Schnarchen verkaufen.

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