«Das LSD ist zu mir gekommen»

LSD hat wie kaum eine andere Droge die jüngere westliche Kultur geprägt. Sein Entdecker, der Schweizer Albert Hofmann, sah das eher mit Sorge, dennoch setzte er sich bis zu seinem Tode für deren Legalisierung ein.
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Mit 102 Jahren verstorben: LSD-Entdecker Albert Hofmann
ap Mit 102 Jahren verstorben: LSD-Entdecker Albert Hofmann

LSD hat wie kaum eine andere Droge die jüngere westliche Kultur geprägt. Sein Entdecker, der Schweizer Albert Hofmann, sah das eher mit Sorge, dennoch setzte er sich bis zu seinem Tode für deren Legalisierung ein.

Ohne Albert Hofmann wäre der Summer of Love wohl nur halb so bunt geworden und so manches Buch wäre wohl nie geschrieben und mancher Film nie gedreht worden. Am Dienstag ist der Entdecker der Psychodroge LSD, die die Erfahrungen einer ganzen Jugendbewegung prägte, im Alter von 102 Jahren gestorben. Der schweizer Chemiker entwickelte seit 1929 beim Pharmaunternehmen Sandoz mehrere erfolgreiche Artzney, doch LSD sollte ihn berühmt machen.

Im Rahmen von Forschungen über die Alkaloide des Mutterkorns, einem im Getreidekorn wachsendem Pilz, aus dem er ein Kreislaufstimulans gewinnen wollte, synthetisierte er 1938 das LSD genannte Lysergsäurediäthylamid. Weil die Substanz im Tierversuch keine pharmakologisch interessanten Eigenschaften zeigte, wurde sie nicht weiter untersucht, bis Hofmann 1943 im Selbstversuch die außergewöhnliche Wirkung beim Menschen entdeckte.

Kaleidoskopartige Farbenspiele und Horrorvisionen

In seinem Protokoll des 19. April 1943 schrieb er nach der Einnahme von 0,25 Milligramm LSD: «Bei geschlossenen Augen (...) drangen ununterbrochen fantastische Bilder von außerordentlicher Plastizität und mit intensivem, kaleidoskopartigem Farbenspiel auf mich ein.» Die anschließende Heimfahrt auf dem Fahrrad vom Labor nach Hause und den Abend des Tages erlebte der Chemiker als erster Mensch im LSD-Rausch und registrierte dabei sowohl die angenehmen Wahrnehmungen als auch Horrorvisionen und Todesangst, welche seine Entdeckung hervorrief: «Meine Umgebung hatte sich nun in beängstigender Weise verwandelt. (...) die vertrauten Gegenstände nahmen groteske, meist bedrohliche Formen an. Sie waren in dauernder Bewegung, wie belebt, wie von innerer Unruhe erfüllt. Die Nachbarsfrau (...) war nicht mehr Frau R., sondern eine bösartige, heimtückische Hexe mit einer farbigen Fratze. etc. etc.»

Über seine Entdeckung sagte er später in einem Interview mit der taz: «Das LSD ist zu mir gekommen». Es habe ihn gerufen. Die Psychiatrie versprach sich von LSD als pharmakologischem Hilfsmittel in der Psychoanalyse großen Nutzen. Unter dem Namen Delysid gab es mehrere Studien, bis Sandoz das Präparat wegen vieler Missbrauchsfälle zurückzog. Den Aufstieg zur «Modedroge» in der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre konnte das nicht stoppen, sehr zur Sorge des Erfinders. Den von Timothy Leary propagierten Massenkonsum konnte er nicht gut heißen. Er trat stets für eine kontrollierte und verantwortungsvolle Anwendung »seiner« Psychedelika ein, doch nur durch den Arzt, der die Wirkung des LSD unbedingt selbst kennen gelernt haben sollte, bevor er es verabreicht.

Freigabe für LSD

Hofmann war eng mit dem Schriftsteller und Philosophen Ernst Jünger befreundet. Beide probierten zusammen LSD aus. Jünger verarbeitete das Erlebnis in seiner Erzählung «Besuch auf Godenholm». Auch Hofmann selbst setzte sich mit zunehmendem Alter stärker mit philosophischen Themen auseinander. In einem Fernsehinteview anlässlich seines 100. Geburtstages sagte er: «Je tiefer man in die lebendige Natur hineinsieht, desto wunderbarer erkennt man sie. Ich glaube, man fühlt sich dann auch geborgen. Man gehört ja zu ihr, man kann sie sehen, man kann sie erleben. Das Bewusstsein ist schon das größte Geschenk des Schöpfers an die Menschen; dass man ein Bewusstsein hat und wir uns unserer Schöpfung bewusst werden können - nicht nur einfach blind durch das Paradies gehen» Den Einsatz der Droge durch den US-Geheimdienst CIA bezeichnete er als Verbrechen. In seinen letzten Lebensjahrzehnten setzte sich Hofmann vor allem für die Wiederfreigabe auch des LSD in der Psychotherapie ein. Das gleiche Ziel verfolgt die Albert-Hofmann-Stiftung mit Sitz in Kalifornien. Sein Buch «LSD - Mein Sorgenkind» erzählt die Geschichte der Entdeckung und der daraus resultierenden ethischen Konflikte. (nz)

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