Das Drama um Flug 253

Wie konnte es passieren, dass Umar Farouk Abdulmutallab mit Militärsprengstoff an Bord des Flugzeuges gelangte? Während die Behörden nach Lücken suchen, spricht der angeklagte Terrorverdächtige über seinen Plan.
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Delta-Flug 253 nach der sicheren Landung in Detroit.
AP 2 Delta-Flug 253 nach der sicheren Landung in Detroit.
Der terrorverdächtige Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab.
saharareporters.com/dpa 2 Der terrorverdächtige Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab.

Wie konnte es passieren, dass Umar Farouk Abdulmutallab mit Militärsprengstoff an Bord des Flugzeuges gelangte? Während die Behörden nach Lücken suchen, spricht der angeklagte Terrorverdächtige über seinen Plan.

Nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Verkehrsflugzeug ist gegen den 23-jährigen Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab Anklage erhoben worden. Er wird beschuldigt, er habe versucht ein Flugzeug in die Luft zu sprengen und einen Sprengkörper an Bord des Airbus gebracht. Beide Anklagepunkte können nach US-Medienangaben mit jeweils bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden.

Nach Berichten von US-Medien lächelte Abdulmuttalab, als er im Medical Center der University of Michigan in den Konferenzraum geschoben wurde, wo Bezirksrichter Paul Borman ihm die Anklage verlas. Der Verdächtige trug einen grünen Klinikkittel und blaue Strümpfe. Sein linker Daumen und sein rechtes Handgelenk waren verbunden. Auf die Frage, ob er die Anklage verstanden habe, antwortete Abdulmuttalab auf Englisch: "Ja, das tue ich."

In der Unterwäsche eingenäht

Der Angeklagte hatte ein gültiges Einreisevisum für die USA, obwohl er in einer Datenbank möglicher Terrorverdächtiger geführt wurde. Diese Datenbank mit der Bezeichnung Terrorist Identities Datamart Environment wurde vom US-Zentrum für Terrorabwehr (National Counterterrorism Center) geführt. Ermittlungsbeamte sagten, der Verdächtige habe ihnen mitgeteilt, er habe die explosiven Chemikalien und eine Spritze, die in seine Unterwäsche eingenäht waren, von einem Bombenexperten im Jemen erhalten, der mit dem Terrornetzwerk El Kaida zusammenarbeitet. Auch wenn die US-Bundesbehörden die Verbindung in den Jemen bisher nicht aus eigenen Quellen bestätigen können, wird die Einlassung des Beschuldigten von einem Ermittlungsbeamten nach Angaben der "New York Times" als "plausibel" eingestuft.

Besonders explosiver Sprengstoff

Der 23-Jährige Nigerianer wollte am Freitag eine Maschine der US- Fluggesellschaft Delta mit fast 300 Menschen an Bord kurz vor der Landung in Detroit zum Absturz zu bringen. Crew und Passagiere hatten ihn schnell überwältigen können. Der kleine Sprengsatz enthielt nach ersten Ermittlungen den Sprengstoff Nitropenta (PETN) verwendet. Dieses auch militärisch genutzte Mittel ist schon bei geringer Menge besonders explosiv. Es wurde auch von dem sogenannten Schuhbomber Richard Reid verwendet, der 2001 versucht hatte, einen Anschlag auf einen Transatlantikflug zu verüben. Beim Landeanflug auf Detroit kam es in der Maschine nicht zur Explosion, sondern nur zu einem kleineren Brand. Feuerwerkskrachern gehört. Die Hosenbeine des Mannes und die Innenwand des Flugzeuges hätten Feuer gefangen. Als eine Stewardess ihn fragte, was er da habe, sagte der Nigerianer den Angaben zufolge: «einen Sprengsatz». Ermittler fanden in der Nähe seines Sitzes die Spritze, die vermutlich Teil der Bombe war.

20 Minuten auf der Bordtoilette

Vor dem Anschlag hatte sich Abdulmutallab 20 Minuten auf der Bordtoilette aufgehalten, teilte das US-Justizministerium unter Berufung auf Zeugen mit. Nach der Rückkehr zu seinem Sitzplatz habe er eine Decke über sich ausgebreitet, daraufhin hätten Mitreisende Knallgeräusche wie von

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen

Der Mann war den Angaben zufolge von der nigerianischen Metropole Lagos aus zunächst nach Amsterdam geflogen. Dort wurde er Medienberichten zufolge abermals kontrolliert, bevor er den Flug 253 der zu Delta gehörenden Northwest Airlines nach Detroit bestieg. In Amsterdam suchen die Behörden nun nach Sicherheitslücken auf dem internationalen Flughafen Schiphol. Auch das US-Heimatschutzministerium verschärfte die Kontrollen für alle Flüge. Zugleich arbeiteten die USA eng mit anderen Regierungen zusammen, um die Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen und in Maschinen zu verstärken, teilte die Heimatschutzministerin Janet Napolitano mit. Wer aus dem Ausland in die USA fliege, müsse sich auf zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen einstellen. In Deutschland werden ebenfalls die Kontrollen im Luftverkehr verschärft. Wie das Bundespolizeipräsidium in Potsdam am Samstagabend mitteilte, werde der Vorfall in Detroit zum Anlass genommen, die bestehenden hohen Sicherheitsstandards durch zusätzliche Kontrollmaßnahmen zu ergänzen. Reisende in die USA wurden gebeten, sich gegebenenfalls auf längere Wartezeiten einzustellen.

Der Vater war früher nigerianischer Minister und Bankenchef

Auch EU-Kommission untersucht, ob alle Sicherheitsregeln in Europa eingehalten wurden. "Ich bin entsetzt über die versuchte Terrorattacke auf einem Flug von Amsterdam nach Detroit am Weihnachtstag", erklärte EU-Innen- und Justizkommissar Jacques Barrot. Niederländische Parlamentarier forderten eine lückenlose Aufklärung der Umstände. Das Justizministerium müsse erklären, wie der Nigerianer am Airport Schiphol explosionsfähiges Material mit an Bord der Maschine der Delta Airlines bringen konnte. Der Ruf des Amsterdamer Flughafens als zuverlässiges internationales Luftdrehkreuz stehe auf dem Spiel, erklärte der Abgeordnete der regierenden Sozialdemokraten, Ton Heerts.

Abdulmuttalab lebte zuletzt im Londoner West End in der Nähe von Oxford Circus, einem gehobenen Stadtteil von London. Er erklärte nach Angaben eines US-Justizbeamten, er sei im Jemen von Al-Kaida-Angehörigen ausgebildet und instruiert worden. Der junge Täter ist allem Anschein nach Sohn des früheren nigerianischen Ministers und Bankenchef Alhaji Umaru Mutallab. Der Terrorverdächtige hatte britischen Medienberichten zufolge zwischen 2005 und 2008 Maschinenbau am University College in London studiert.

dpa/APD/nz

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