Damit’s keinen Anpfiff gibt

Was tun, wenn man im Büro sitzt und mittags Deutschland gegen Serbien spielt? Seien Sie vorsichtig: Wer einfach den Fernseher einschaltet, muss mit schlimmen Konsequenzen rechnen
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Was tun, wenn man im Büro sitzt und mittags Deutschland gegen Serbien spielt? Seien Sie vorsichtig: Wer einfach den Fernseher einschaltet, muss mit schlimmen Konsequenzen rechnen

Jetzt geht’s los – aber nur die wenigsten haben sich für die ganze WM Urlaub genommen und können so jedes Spiel gucken, wann und wie sie wollen. Viele Spiele finden mittags statt, auch das der Deutschen gegen Serbien am nächsten Freitag, viele auch am nachmtitag. Da lautet die Frage: Darf ich eigentlich am Arbeitsplatz WM gucken? Die AZ klärt diese und andere wichtige WM-Fragen.

Wie ist die Rechtslage? Wer einen großzügigen Chef hat, sollte sich freuen. Es gibt nämlich keinerlei Anspruch auf Fußball gucken am Arbeitsplatz. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az: 1 ABR 75/83) kann der Arbeitgeber die Nutzung eines privaten Mediums im Job allerdings nicht komplett verbieten. Damit dürften viele Mitarbeiter wenigstens die Chance haben, die Spiele am Radio zu verfolgen - solange Kollegen oder Kunden nicht gestört werden und die Arbeit nicht liegen bleibt. Fernsehgucken während der Arbeitszeit ist dagegen kaum zulässig. Das lenkt zu sehr ab. Deshalb sollte ein TV-Gerät ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers nicht eingeschaltet werden, warnt der Bremer Arbeitsrechtler Klaus-Dieter Franzen.

Was, wenn es kein offizielles WM-Verbot im Betrieb gibt? Dann können Beschäftigte trotzdem nicht automatisch von einer Zustimmung des Arbeitgebers ausgehen. Vorher nachfragen ist geboten. Wer hofft, dass der Chef zur WM schon mal ein Auge zudrückt, geht ein hohes Risiko ein. Das Arbeitsrecht sieht bei internationalen Großereignissen keine Sonderregelungen vor. Eine eigenmächtige Auszeit von zwei Halbzeiten vor dem Fernseher kann zum Kündigungsgrund werden. Der Mitarbeiter darf auch nicht vorzeitig nach Hause gehen, nur weil ein interessantes Spiel ansteht.

Was ist mit Internet und Handy? Vorsicht ist auch beim Online-Gucken von Spielen am Firmen-PC oder über das eigene UMTS-fähige Handy geboten – selbst dann, wenn das private Surfen im Job normalerweise toleriert wird. Hat der Arbeitgeber das nicht ausdrücklich zur WM erlaubt, muss der Fußballfan von einem Verbot ausgehen. Denn: Die Arbeitsleistung dürfte - wie schon beim Fernsehgucken - auch in diesen Fällen während der Übertragung beeinträchtigt sein, und zwar mehr als 90 Minuten lang. Das gilt als übermäßig und damit als Verletzung der Arbeitspflicht.

Muss der Chef mir bezahlten Urlaub geben? Grundsätzlich erst einmal ja. Der Urlaubswunsch von Mitarbeitern muss berücksichtigt werden - es sei denn, es sprechen betriebliche Belange dagegen. Etwa, wenn die Auftragsbücher voll respektive viele Kollegen krank sind oder die halbe Belegschaft schon zur WM Urlaub frei genommen hat, so der Bundesverband der Selbständigen (BDS). Hat der Chef die Auszeit genehmigt, ist er daran gebunden. „Wer erst kurz vor Anpfiff Urlaub haben will, hat nicht die besten Karten“, sagt Arbeitsrechtler Franzen.

Was, wenn man nicht frei kriegt? Dann muss man wohl oder übel in die Arbeit. Einfach zu Hause bleiben oder gar ankündigen, man werde krank sein, kann die fristlose Entlassung bedeuten. Wer sich nach abgelehntem Urlaubsgesuch krank meldet, muss damit rechnen, dass der Chef für diese Zeit kein Gehalt zahlt. Anspruch auf unbezahlten Urlaub gibt es nicht. Wer die Schicht wechseln will, braucht einen toleranten Chef plus einen tauschbereiten Kollegen.

Was ist mit Alkohol? Ist der Chef großzügig und erlaubt WM-gucken am Bildschirm, stellt sich bei so manchen Beschäftigten die Frage: Darf die Belegschaft dann eigentlich auch auf Tore anstoßen? Auch wenn es kaum zu glauben ist: Sieht der Arbeitsvertrag oder der Arbeitsschutz kein Verbot vor, dürfen die Mitarbeiter während der Arbeitszeit tatsächlich ein Gläschen Bier oder Sekt trinken. Der Arbeitgeber kann dann kein generelles Alkoholverbot verhängen.

Allerdings sollte sich die Belegschaft nicht zu viel genehmigen. Wie bei Radiohören liegt die Grenze bei der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und der Sicherheit am Arbeitsplatz. Berrit Gräber

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