"Costa"-Kapitän Schettino: Haft oder Freispruch?

Der Skipper war einer der ersten im Rettungsboot, als die "Costa Concordia" verunglückte. Jetzt rückt die Stunde der Wahrheit für Kapitän Schettino näher: Jetzt wird das Urteil gegen ihn erwartet. Für die Anklage trägt er die Hauptschuld am Tod von 32 Menschen.
Grosseto - Mehr als eineinhalb Jahre nach Prozessbeginn könnte am Mittwoch das Urteil gegen "Costa Concordia"-Kapitän Francesco Schettino fallen. Am Vormittag hat vor dem Gericht im toskanischen Grosseto zunächst die Verteidigung das Wort. Möglicherweise nutzt danach auch der einzige Angeklagte die Gelegenheit, sich ein letztes Mal an das Gericht zu wenden. Anschließend ziehen sich die drei Richter zur Beratung zurück. Am Abend oder spätestens am Donnerstag sollen sie dann das mit Spannung erwartete Urteil verkünden.
Schettino werden unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung und Körperverletzung vorgeworfen. Er soll das Kreuzfahrtschiff mit mehr als 4200 Menschen vor drei Jahren aus Leichtsinn vor die Insel Giglio gesteuert haben, wo das Schiff kenterte. 32 Menschen starben, darunter 12 Deutsche. Die Staatsanwaltschaft bekräftigte am Dienstag ihre Forderung nach einer Haftstrafe von 26 Jahren und drei Monaten.
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Zudem will sie, dass der 54-Jährige nach einer möglichen Verurteilung in Untersuchungshaft genommen wird. Da das Urteil in erster Instanz fällt, ist eine Berufung wahrscheinlich. Dann könnte Schettino bis zu einem endgültigem Schuldspruch zunächst auf freiem Fuß bleiben. Die Verteidigung hat einen Freispruch gefordert und ist der Meinung, dass Schettino nicht alleine verantwortlich gemacht werden könne.
Aus Sicht der Anklage hätte Schettino mit einer sofortigen Evakuierung alle 4200 Menschen an Bord retten können. "Schettino hat falsche Entscheidungen getroffen", sagte Ankläger Alessandro Leopizzi. Der Kapitän stehe zu Recht im Zentrum der Anklage.
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Auch die "Costa"-Überlebende Anne Decré aus Bordeaux verfolgte den Prozess im Gerichtssaal. "Ich habe Angst, dass Schettino aus diesem Prozess frei herauskommt ohne Strafe", sagte die Französin der Deutschen Presse-Agentur. "Ich wünsche mir ein Jahr Haft für jedes Opfer. Aber ich weiß, dass das nur ein Traum ist. Ich erwarte mir nur einen Teil Gerechtigkeit, auch wenn das nicht fair ist."
Wie die Anwälte der Nebenklage forderte auch Decré, die Reederei Costa Crociere zur Rechenschaft zu ziehen, die sich vor dem Prozess mit der Justiz auf einen Vergleich geeinigt hatte. Gegen Zahlung von einer Million Euro Strafe wurden die Ermittlungen eingestellt. "Es wird nur Gerechtigkeit geben, wenn auch Costa Crociere bestraft wird", sagte Opfer-Anwalt Massimiliano Gabrielli.
Schettino nahm am Dienstag trotz einer Grippe und Fieber an dem Prozess teil. Er kündigte an, auch die Urteilsverkündung im Gerichtssaal verfolgen zu wollen. "Nachdem ich das Urteil gehört habe, werde ich reden", sagte er der Nachrichtenagentur Ansa.