Bootsdrama vor Indonesien: "Ein Horrorfilm in Zeitlupe"

Schrecklicher Unfall vor der australischen Weihnachtsinsel: In stürmischer See zerschellt ein Boot am Felsen. Etwa 50 Flüchtlinge ertrinken. Beobachter an Land können nur hilflos zusehen.
von  Abendzeitung
Schock nach dem Bootsunglück vor der Weihnachtsinsel
Schock nach dem Bootsunglück vor der Weihnachtsinsel © dpa

SIDNEY - Schrecklicher Unfall vor der australischen Weihnachtsinsel: In stürmischer See zerschellt ein Boot am Felsen. Etwa 50 Flüchtlinge ertrinken. Beobachter an Land können nur hilflos zusehen.

Zuerst denkt Simon Pierce an lauten Jubel, als er im Morgengrauen plötzlich aus dem Schlaf gerissen wird. Doch als der Bewohner der australischen Weihnachtsinsel vor sein Haus an der Küste tritt, offenbart sich ihm eine Katastrophe: Direkt vor ihm treiben Menschen im Meer, sie schreien verzweifelt um Hilfe. Ihr kleines Holzboot schaukelt hilflos in den Wellen. Als es an den felsigen Klippen der Flying-Fish-Bucht zerschellt, sterben schätzungsweise 50 Flüchtlinge.

Doch zuvor müssen die Anwohner quälend lange 45 Minuten zusehen, wie das Boot hin und her geschleudert wird. Wegen der stürmischen See haben sie zunächst keine Chance, zu helfen. Der Motor ist ausgefallen und das kleine Boot kann den meterhohen Wellen nichts entgegensetzen. Dann wird es gegen einen Felsen geschleudert und zerbirst. Die Bewohner an Land werfen Schwimmwesten ins Wasser und versuchen die Ertrinkenden mit Seilen zu retten. „Es war wie ein Horrorfilm in Zeitlupe“, sagte ein Augenzeuge im australischen Rundfunk. „Bei so einem Sturm mit der Strömung und vier Meter hohen Wellen ist das wie eine Waschmaschine. Es gab kaum Hoffnung für sie.“

Die Menschen klammern sich verzweifelt an Schiffsplanken, schreien um Hilfe, doch viele können nicht schwimmen. Schätzungsweise 50 Flüchtlinge sterben in der tosenden See. Drei Schwerverletzte werden von den fliegenden Ärzten ins australische Perth gebracht. Wer vom Boot springt, bevor es an den Klippen zerschellt, hatte noch die größte Überlebenschance.

Unter den etwa 90 Flüchtlingen aus dem Irak und Iran sind auch viele Kinder. Nach Angaben der australischen Regierung werden 41 Menschen von der Marine und Zollschiffen gerettet.

Die Weihnachtsinsel liegt im Indischen Ozean, 350 Kilometer südlich von Java, gehört aber zu Australien, das über 2500 Kilometer südöstlich liegt. Von Java aus wollten Schlepper die Flüchtlinge zur Weihnachtsinsel bringen. Viele Menschen versuchen mit einer Flucht zu der tropische Insel, Asyl in Australien zu bekommen. Auf der Weihnachtsinsel gibt es bereits ein Flüchtlingslager, in dem etwa 2000 Asylsuchende leben.

In Canberra wurde die Tragödie sofort zum Politikum: Die konservative Opposition kritisierte, dass die Chancen auf ein Bleiberecht, das die Labor-Partei Flüchtlingen einräume, die Schlepper gerade zu waghalsigen Überfahrten einlade.

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