Blitzmarathon zeigt Wirkung: "Alles deutlich langsamer"
Düsseldorf - Der zweite bundesweite Blitz-Marathon hat bei vielen Autofahrern Wirkung gezeigt. Sie seien angesichts der Tempokontrollen deutlich langsamer als sonst unterwegs, berichtete stellvertretend die Berliner Polizei am Donnerstag. An fast 7500 Stellen im gesamten Bundesgebiet wurde geblitzt und gelasert. Mehr als 13 000 Polizisten waren im Einsatz. Die Aktion dauert 24 Stunden und sollte am Freitagmorgen um 6.00 Uhr beendet sein.
Es gehe nicht darum, möglichst viele Bußgelder zu verhängen, sondern darum, die Autofahrer zu langsamerer Fahrweise zu bewegen, betonte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist. "Das schönste wäre, wenn heute kein einziger ein Knöllchen kriegen würde, sondern alle mal reflektieren, was wir tun", sagte er. "Wir wollen die Köpfe erreichen, nicht die Portemonnaies."
Mit dem Blitzlicht-Gewitter reagiert die Polizei in diesem Jahr auch auf die Trendwende, die sich bei der Zahl der Verkehrstoten abzeichnet. Nach jahrzehntelangem Rückgang war im ersten Halbjahr dieses Jahres ein Anstieg bei den Todesopfern registriert worden.
Das Konzept überzeuge immer mehr, sagte Jäger. "Auch in Polen, auch in Frankreich, sogar in Australien", erläuterte er. In Nordrhein-Westfalen durften dieses Mal Kinder die Messstellen vorschlagen. Fast 18 000 Kinder und Jugendliche hätten sich beteiligt und mehr als 3000 Stellen angeregt. Sie verteilten selbst gebastelte "Denkzettel" an die Autofahrer. In Essen im Ruhrgebiet geriet am Morgen eine Autofahrerin prompt in Anwesenheit des Ministers mit Tempo 59 statt 30 in die Tempofalle. Weil Kinder das Messgerät bedienten, kam sie um 120 Euro Bußgeld herum, aber nicht um eine eindringliche Ermahnung.
Bei Twitter rangierte das Stichwort #Blitzmarathon am Donnerstag schnell auf Platz eins der Topthemen: "Extra noch schnell beim Friseur gewesen, falls es blitzt", hieß es etwa. Oder: "Kinder belohnen langsame Autofahrer mit Süßigkeiten. Ich dachte, die sind um diese Zeit in der Schule."
Die Ermahnung durch die Polizei wollte sich ein 46-jähriger Raser bei Essen ersparen, indem er auf der Autobahn 52 Gas gab, anstatt anzuhalten. Er fuhr der Polizei über den Standstreifen davon, bis er in eine Leitplanke krachte. Er blieb unverletzt.
Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), verteidigte den Blitz-Marathon: "Die Wahrheit ist: Wenn die Polizei nicht blitzt, sterben mehr Menschen!"
Kritik am Blitz-Marathon kam von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): Deren Bundesvorsitzender Oliver Malchow sprach von "einer PR-Aktion ohne nachhaltigen Effekt auf die Verkehrssicherheit". Der "Passauer Neuen Presse" sagte Malchow: "Es reicht eben nicht, Blitzer aufzustellen." Der größte Lerneffekt für Autofahrer bestehe in der direkten Konfrontation mit einem Polizisten nach dem Regelverstoß.
Auch Siegfried Brockmann, führender Unfallforscher vom Gesamtverband der Versicherer, zeigte sich skeptisch: Verkehrssünder mit dauerhaftem Bleifuß erreiche man nur über dauerhaften Kontrolldruck. Er kritisierte aber, dass Tempokontrollen als "Abzocke" bezeichnet würden. "Dieses Wort ist so unsäglich, weil es die Polizei als die Schurken darstellt und Temposündern eine Legitimation bis weit in Kreise hinein verschafft, die eigentlich ganz gesetzeskonform fahren."
Der Verband Mobil in Deutschland hatte auf Untersuchungen verwiesen, wonach die üblichen Radarkontrollen eben nicht an Gefahrenpunkten stattfinden, sondern dort, wo viel Geld zusammenkommt.
Beim ersten bundesweiten Blitz-Marathon im Oktober 2013 waren fast 15 000 Polizisten an mehr als 8600 Stellen an den Straßenrändern postiert. Drei Millionen Autofahrer wurden kontrolliert und 83 000 als zu schnell erwischt. Die Wiederholung fiel also etwas kleiner aus.
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