Blitz-Beichte bei Papst Franziskus

In 20 Minuten soll der Limburger Bischof gestern beim Papst „abgefertigt“ worden sein. Derweil meutern die Bediensteten in seinem Bistum. „Das Vertrauen ist dahin“, sagt der Domdekan.
Agnes Vogt |
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Papst Franziskus und Tebartz-van Elst trafen sich gestern in Rom. Ob er die Stirn runzelte, empört war oder laut wurde – niemand weiß es genau. Man weiß nur, dass Franziskus opulenten Lebensstil, wie ihn der Bischof von Limburg liebt, verabscheut.
dpa Papst Franziskus und Tebartz-van Elst trafen sich gestern in Rom. Ob er die Stirn runzelte, empört war oder laut wurde – niemand weiß es genau. Man weiß nur, dass Franziskus opulenten Lebensstil, wie ihn der Bischof von Limburg liebt, verabscheut.

Rom/Limburg - Tage hat der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst darauf gewartet, zu Papst Franziskus vorgelassen zu werden. Acht Tage, in denen er sich in der Nähe der Piazza Navona im Haus der deutschsprachigen Katholiken in Rom verschanzte und geduldig wartete. Gestern war es endlich so weit. 20 kurze Minuten, so stoppte das „Domradio“, soll er bekommen haben, um sich zu erklären, zu rechtfertigen und Gründe aufzuzählen: Warum verschlang der Bau seiner Bischofsresidenz rund 40 Millionen Euro? Warum log er – in Pressekonferenzen, bei denen er versichert hatte, nicht mehr als fünf Millionen für den Bau zu brauchen und sogar vor Gericht im Bezug auf einen teuren First-Class Flug nach Indien? Warum führt er sein Bistum so harsch, autoritär und selbstverliebt?

Was Franziskus gestern um 12 Uhr mit Tebartz-van Elst genau besprach, ob sie sich einigten oder ob er ihn dazu gedrängt hat, auf sein Amt zu verzichten – bisher wissen es nur die beiden. Immerhin: Die Karten liegen auf dem Tisch.

Der Rückhalt in seinem Bistum schwindet dagegen zusehends. Domdekan Günther Geis sagte in der aktuellen Limburger Bistumszeitung „Der Sonntag“: „Das Vertrauen in Bischof Tebartz-van Elst ist dahin, und ich sehe nicht, wie neues Vertrauen wachsen kann.“ Bereits bei einem Krisengespräch des Limburger Domkapitels mit Tebartz-van Elst, das am 2. September stattgefunden hatte, habe Geis diesem gesagt: „Herr Bischof, das Vertrauen in Ihre Amtsführung ist irreparabel zerstört.“ Er fordere einen „Neuanfang mit einem neuen Bischof.“

„Spiegel Online“ schreibt, dass die Limburger mittlerweile Angelegenheiten in ihrem Bistum ohne ihren jetzigen Bischof planen. Es muss weitergehen – zur Not ohne ein Vorwort von Tebartz-van Elst im neuen Gesangbuch.

Die „Bild“ spricht gar von einer Meuterei. In einem Brief haben die Dezernatsleiter der Diözese Tebartz-van Elst zum Rücktritt aufgefordert.

Kurz vor der Audienz veröffentlichte die römische Zeitung „Repubblica“ ein Interview mit dem Leiter der Päpstlichen Katholischen Universität in Argentinien, Erzbischof Victor Fernández. „Dem Papst gefallen keine fürstlichen Priester, die zu kostspielige Ferien lieben, Abendessen in den besten Restaurants, zur Schau gestellte Kostbarkeiten auf der Kleidung", sagte Fernández der Zeitung. „Ich glaube, jeder der irgendeine Form von Macht hat, auch kirchliche, kommt nicht umhin, den Sporn Bergoglios zu fühlen, wie einen Dorn in der Flanke, weil er immer denen beistehen wird, die keine Macht haben.“

Von allen Seiten wird es also eng für Bischof Tebartz-van Elst.

Vergangene Woche waren vereinzelt Spekulationen aufgekommen, dass Tebartz-van Elst krank sei. Ein Mitglied der Bischöflichen Vermögensverwaltung sagte bereits vor einer Woche in der ARD, dass „nur ein kranker Mann“ in dieser Form Aufträge vergeben könne und dabei so gewaltig die Kosten aus dem Blick verlöre. Mitte vergangener Woche dann zitiert „Bild.de“ einen Bekannten des Bischofs: „Er zeigt schon seit Langem Anzeichen einer leichten Form von Autismus.“ Dieser Bekannte sagte auch, dass dies in Kirchenkreisen bereits zu seiner Bischofsernennung bereits bekannt gewesen sei, damals aber nicht als Risiko eingestuft wurde.

Franz-Peter Tebartz-van Elsts Bruder Ludger äußerte sich am Sonntag erstmals offiziell zu diesen Behauptungen. Der Freiburger Psychiatrie-Professor sagte: „Als Bruder des Bischofs von Limburg und als Arzt kann ich aufgrund meiner Fachkenntnis und meiner Kenntnis der Biografie meines Bruders erklären, dass er weder an einem Asperger Syndrom noch an einer anderen Variante von Autismus leidet.“

Einige Limburger begegnen der ganzen Affäre aber mit dem nötigen Humor: Ein italienisches Restaurant bietet eine Pizza „Bischof“ an. „Für 24,70 Euro – gut belegt mit Gambas“, so Guiseppe Rizzo, der das Geld für einen guten Zweck spendet.

 

 

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