Bettina Wulff in der Offensive
Bettina Wulff wehrt sich juristisch gegen Gerüchte über ihr früheres Privatleben – bei Günther Jauch mit Erfolg, bei Google ohne. Und noch diesen Monat erscheint das Buch der Ex-First-Lady
Berlin - Sie drängt zurück in die Öffentlichkeit: Ein gutes halbes Jahr nach dem Rücktritt ihres Mannes ist die frühere First Lady Bettina Wulff (38) wieder präsent. Bei den Paralympics in London trat sie in ihrem neuen Job als PR-Agentin auf, noch diesen Monat soll ihr Buch erscheinen – und jetzt sucht sie die juristische Offensive gegen Gerüchte über ihr Leben vor der Ehe mit Christian Wulff.
Am Freitagabend wurde bekannt, dass sie gegen den TV-Moderator Günther Jauch und die Internet-Suchmaschine Google Klage eingereicht hat. Jauch lenkte ein und gab am Samstag eine Erklärung ab, wonach er ihren Unterlassungsanspruch anerkenne. Er sagte aber über seinen Anwalt, dass er in der betreffenden Sendung im Dezember 2011 nie eine falsche Tatsachenbehauptung über Bettina Wulff aufgestellt, sondern nur die „Berliner Zeitung“ zitiert habe. Laut Wulffs Anwalt Gernot Lehr haben mittlerweile 34 deutsche und ausländische Medien und Blogger Unterlassungserklärungen abgegeben.
AZ-Meinung: Eine Standard-Frage
Google bleibt stur. Wulff will erreichen, dass die Suchmaschine beim so genannten „auto-complete“ (Kasten) nicht mehr bei der Eingabe ihres Namens automatisch Begriffe aus dem Rotlicht-Milieu ergänzt. „Wir nehmen keinen Einfluss auf die Suchbegriffe. Das spiegelt die tatsächlichen Suchbegriffe der Nutzer wider“, sagt Google-Nordeuropa-Sprecher Kay Overbeck.
Die Gerüchte über die Vergangenheit von Bettina Wulff wabern schon lange durchs Internet. Sie seien bereits 2006 aus niedersächsischen CDU-Kreisen gestreut worden, als Wulff dort Ministerpräsident war, berichtet die SZ, die auch vermeldet, Bettina Wulff habe eine eidesstattliche Versicherung abgeben, wonach sie früher nicht im Rotlicht-Milieu gearbeitet hat. Christian Wulffs Nachfolger David McAllister wollte sich am Wochenende nicht dazu äußern. Thomas Oppermann, SPD-Bundestagsfraktionsgeschäftsführer, forderte McAllister auf, die Sache schnell aufzuklären.
Das Ehepaar Wulff geht offenbar unterschiedlich mit dem Fall nach dem Rücktritt um. Er wartet daheim in Großburgwedel, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt. Er hat deutlich abgenommen, wie bei wenigen öffentlichen Auftritten zu sehen war – und er denke bis heute, dass die anderen schuld an seinem Sturz sind, zitiert der heutige „Focus“, der mit einer großen Titelgeschichte über das neue Leben der Bettina Wulff erscheint, einen Wegbegleiter.
„Ich fühle mich frei, weil ich mein eigener Chef bin“
Sie dagegen versucht offenbar, wieder durchzustarten. Sie hat ihre eigene Agentur gegründet, „Bettina Wulff Kommunikation“. „Ich fühle mich frei, weil ich mein eigener Chef bin“, sagte sie dem Magazin. Die ersten Aufträge kommen schon: So warb sie bei den Paralympischen Spielen für die Produkte ihres neuen Kunden Ottobock Healthcare – Prothesen und Rollstühle. „Die Verträge für die Winterspiele 2014 und Rio 2016 sind schon unterschrieben.“ Vor allem aber: Noch im September soll ihr Buch erscheinen, das sie über ihr Leben geschrieben hat. Mehrere Beobachter sahen einen möglichen Zusammenhang zwischen der juristischen Offensive und dem Erscheinungsdatum: Die 38-Jährige sucht den Neustart.
„Focus“ nutzt die Gelegenheit, ein neues Gerücht zu lancieren: Sie soll sich auf Sylt neben einem bekannten Medienmann gesonnt haben. „Wir sind befreundet, sonst nichts“, zitiert ihn das Magazin.
Die juristische Seite: Angriff auf einen Automatismus – Google und die Gesetzeslage
Bettina Wulff klagt gegen den Internet-Riesen – nach der bisherigen deutschen Rechtssprechung mit wenig Aussichten auf Erfolg.
Es geht um die so genannte „autocomplete“-Funktion, die Selbst-Vervollständigung: Tippt man nur ein Wort in das Suchfeld ein, ergänzt die Suchmaschine es um Vorschläge. Bei „München“ erscheint beispielsweise aktuell „Flughafen“ (das dürfte am Streik liegen) oder „Wetter“. Das geschieht automatisch – und zwar auf der Basis, wonach andere Nutzer gerade am häufigsten suchen. Diese Funktion gibt es seit 2008, viele User nehmen sie dankbar an: Sie sparen sich das Weitertippen. „Wir schlagen diese Begriffe nicht selbst vor. Sämtliche angezeigten Möglichkeiten sind zuvor von anderen Google-Nutzern eingegeben worden“, stellte ein Sprecher gestern nochmal klar. Während man das Recht hat, dass Google den Hinweis auf Inhalte löscht (wie es im Fall Wulff im letzten halben Jahr nach Auskunft der Suchfirma auch mehrere Male geschehen ist), will das Unternehmen sein Recht auf „autocomplete“ durchfechten. Fünf entsprechende Verfahren habe es in Deutschland bisher gegeben, man habe alle gewonnen, sagt Google. Eins davon war beim OLG München (29 U1747/11), und es sagt klar, dass kein erdenklicher Anspruch auf Unterlassung besteht. Google behaupte ja nicht als eigene Äußerung, dass etwa Unternehmer xy ein Abzocker sei, sondern stelle nur dar, dass häufig nach dieser Kombination gesucht wird.
In anderen Ländern ist die Rechtssprechung etwas anders: In Italien urteilten Gerichte mal pro, mal gegen Google. So musste die Suchmaschine den Vorschlag „Schwindler“ zu einem Autohändler löschen.