Betrunken: Saufgelage in der Tierwelt

Besoffene Bären in der Slowakei, bierberauschte Igel in England – und betrunkene Bienen in Australien, die ihren Stock nicht mehr finden. Ein alkoholseliger Streifzug durch die Tierwelt.
von  B. Oßberger
Noch auf allen Vieren: Elefanten sind Alkohol keineswegs abgeneigt. Wein- oder Bierlager sind vor ihnen nicht sicher.
Noch auf allen Vieren: Elefanten sind Alkohol keineswegs abgeneigt. Wein- oder Bierlager sind vor ihnen nicht sicher. © dapd

München - Wahrscheinlich steht bei den meisten jetzt der Sekt bereits im Kühlschrank. Zeit also, sich einmal in der Tierwelt umzusehen. Wie halten die das denn mit dem Alkohol? Fakt ist: Auch Tiere sind Hochprozentigem nicht abgeneigt. Nicht aus verhaltensbiologischen Gründen, zumindest haben dafür Wissenschaftler bisher keine Anhaltspunkte gefunden. Viel einfacher: Die Tiere „trinken“, weil es ihnen schmeckt. Und das mit teils fatalen Folgen.

Betrunkene Bären
Es ist vergorenes Fallobst, das die Tiere anlockt, und an dem sie sich berauschen. Berüchtigt sind etwa slowakische Braunbären, die sich in großen Scharen über diese Früchte hermachen. Die Folge sind nur allzu menschlich: die Tiere sind desorientiert, haben Gleichgewichtsstörungen. Wissenschaftler haben Warnungen herausgegeben: Man möge sich im Herbst vor betrunkenen Bären in Acht nehmen!

Marula-Besäufnis und weinselige Elefanten
Fallobst sorgt auch in Afrika für einen tierischen Massenkater, wie schon in der Kultdoku „Die lustige Welt der Tiere“ zu sehen war. In diesem Fall sind es die vergorenen Früchte des Marula-Baums, an denen sich Affe und Co. berauschen. Nicht jedoch die Elefanten. Die torkeln zwar auch, aber aus einem anderen Grund: „Die Menge der Früchte reicht bei den Elefanten für einen Rausch nicht aus“, sagt der Biologe Mario Ludwig.

Verantwortlich für die Torkelei sollen giftige Käferpuppen sein, die in der Baum-Rinde stecken, und die von den Elefanten ebenfalls gefressen werden. Deren Toxine, vermuten die Forscher, wirken wie eine Droge. Die Elefanten sind also nicht blau, sondern high. Was aber nicht heißt, dass Elefanten Alkohol nichts abgewinnen könnten. In Thailand etwa suchte eine Herde gezielt ein Bierlager auf, in Asien machten sich die Dickhäuter über Weinfässer her.

Bei einer Untersuchung in einem amerikanischen Zoo, in dem Elefanten die Wahl gelassen wurde, ob sie Wasser, oder Wasser mit Alkohol trinken wollten, entschieden sie sich für den Alkohol. Die Folge: Appetitlosigkeit und soziales Desinteresse. Die Studie musste alsbald abgebrochen werden.

Igel im Bier-Himmel
Auch bei Igeln hat Alkoholgenuss drastische Folgen. In England sind Bierfallen für Schnecken weit verbreitet. Das Bier lockt aber auch Igel an, die nicht nur die Fallen leer trinken, sondern auch die gefangenen, mit Alkohol getränkten Schnecken verspeisen. So berauscht, vergessen Igel ihre wichtigste Überlebensstrategie – das Einrollen zum Schutz vor Kälte und Fressfeinden. Ihr Vollrausch endet manchmal tödlich.

Berauschte Bienen
Glimpflicher geht die Sause bei Bienen aus. In Australien hat sich die Europäische Honigbiene auf stark zuckerhaltigen Nektar spezialisiert. Solcher Nektar kann in heißen Gegenden schon in der Blüte fermentieren. Der Alkoholgehalt: zehn Prozent.

Schon an der Blüte, beobachteten Forscher, macht sich das bemerkbar. Die betrunkenen Bienen sind nicht mehr flugfähig. Andere finden den Heimweg nicht mehr. Und die, die es schaffen, werden, weil sie sich so komisch verhalten, von den Wächterbienen nicht in den Stock gelassen.

Stärkung für Hirschkäfer
Alkohol kann in der Tierwelt aber auch Streitigkeiten verhindern. Bereiten sich die Hirschkäfer-Männchen auf ein Duell mit einem Rivalen vor, stärken sie sich davor gerne mit dem oft bereits vergorenen Saft der Eiche, der aus Baumwunden heraustritt. „Es kann sein“, sagt Ludwig, „dass sich in so einem Duell zwei völlig betrunkene Hirschkäfer gegenüberstehen, die dann vom Ast fallen.“ Das Duell ist geplatzt.

Trinkfeste Amsel
So etwas könnte der Amsel nicht passieren. Sie ist, wie viele andere Singvögel, extrem trinkfest. Vergorene Früchte, die sie im Herbst verputzt, sind für sie kein Problem. Der Grund: Amseln besitzen im Vergleich zum Menschen die 14fache Konzentration des Enzyms Alkoholdehydrogenase, das für den Alkoholabbau zuständig ist. Sie können Alkohol also sehr schnell abbauen. Wäre eine Amsel so groß und schwer wie ein Mensch, könnte sie alle acht Minuten eine Flasche Wein trinken – und würde davon nicht mal was spüren.

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