Bei Anruf Schwede: Die AZ hat's ausprobiert

Das Land im Norden hat sich eine Telefonnummer zugelegt. Wer die wählt, wird mit einem Bewohner irgendwo im Land verbunden und kann über alles plaudern – die AZ hat die Nummer mal ausprobiert.
Verena Lehner, Julia Wäschenbach |
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Joakim Bourdette aus Stockholm ist einer von 20.000 Schweden, die bei der Aktion mitmachen. Wer die 0046/771 793 336 wählt, hat ihn vielleicht am Telefon.
Joakim Bourdette Joakim Bourdette aus Stockholm ist einer von 20.000 Schweden, die bei der Aktion mitmachen. Wer die 0046/771 793 336 wählt, hat ihn vielleicht am Telefon.

Kaufen alle Schweden bei Ikea ein? Wie stehen die Chancen auf ein Abba-Comeback? Können Elche wirklich besoffen werden? Wenn alle ständig Köttbullar essen – wieso haben so viele trotzdem Modelmaße? Wer den Menschen im hohen Norden solche Fragen schon immer mal stellen wollte, muss dazu jetzt nur noch sein Telefon zücken. Denn Schweden hat seit kurzem eine eigene Telefonnummer.

Die hat der Touristenverband Svenska Turistföreningen zum 250. Jahrestag des schwedischen Gesetzes zur Pressefreiheit freigeschaltet. Wer die Nummer 0046 771 793 336 wählt, wird per Zufall mit einem Schweden irgendwo zwischen Schonen und Lappland verbunden. Jeder Schwede, der mitmachen will, muss eine App herunterladen und wird so innerhalb von Minuten zum Botschafter seines Landes.

Aber klappt das wirklich? Ja tut es. Die AZ hat die Nummer ausprobiert. Zuerst kommt der Anrufer ganz kurz in eine Warteschleife, in der eine nette junge Dame darauf hinweist, dass man in der Schweden-Hotline gelandet ist und sofort verbunden wird, sobald ein Ansprechpartner frei ist. Und das geht ziemlich schnell. Nach nur wenigen Augenblicken meldet sich ein netter Herr mit einem schwedischen "Hallå?“

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Die meisten holen sich einfach ein paar Reisetipps

 

Auf die Frage, ob das die Nummer ist, unter der man Fragen rund um Schweden beantwortet bekommt, sagt er in bestem Englisch: "Ja, ja, da sind sie bei mir genau richtig.“ Als er erfährt, dass er gerade von einer deutschen Zeitung kontaktiert wird, freut er sich und fängt sofort ganz begeistert an, zu erzählen. Er heißt Stefan, ist Englisch-Lehrer und ist für die Hotline verfügbar, wann immer er gerade Zeit hat. Meist ist das am Nachmittag, wenn er gerade keinen Unterricht hat. Dann schaltet er die App auf seinem Handy ein.

Warum er das Ganze macht? "Weil das einfach eine tolle Aktion ist“, erzählt er. Es sei eine wunderbare Möglichkeit, dass sich Schweden von seiner besten Seite zeige und es mache Spaß, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Wenn er die App eingeschaltet hat, hat er meist zwischen ein und zwei Anrufer. Die meisten holen sich dabei Reisetipps von ihm und wollen wissen, wo es in Schweden besonders schön ist oder was sie bei einer Schwedenreise beachten müssen.

Inzwischen haben sich schon mehr als 20.000 Schweden angemeldet, etwa 100.000 Anrufe aus gut 175 Ländern sind seit dem 6. April bei ihnen eingegangen. Einer von ihnen ist Hans-Eric Lundgren, genannt Hasse. Der Rentner sitzt gerade in seinem Wohnzimmer im nordschwedischen Skellefteå, als das Telefon klingelt. "Hallå?“, antwortet er. "Mit wem spreche ich denn da?“ So vertreibt sich der 73-Jährige die Zeit, während er darauf wartet, dass seine Frau von ihrer Arbeit im Krankenhaus zurückkommt.

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Noch bis 6. Juni ist die Nummer freigeschaltet

 

Mit 30 Anrufern hat er schon geplaudert, die Menschen klingeln aus Kanada, Australien, Finnland oder Deutschland an. "Ein paar Teenager aus den Niederlanden und Italien wollten wissen, wie das Schulsystem hier in Schweden ist“, erzählt Hasse in bestem Englisch. Aus Melbourne meldeten sich junge Kerle, die gerade aus der Kneipe kamen und "einfach neugierig“ waren. Steht ihm der Sinn nicht nach Plauderei mit Fremden, stellt er einfach die App auf seinem Handy aus.

Hans-Eric Lundgren (73) aus Skelleftea im Norden Schwedens hat bereits einen Anrufer zum Elch-Essen eingeladen. (Foto: Ingegerd Jönsson/dpa)

"Das Schöne ist, dass Schweden selbst ihre Geschichten erzählen und dir Reisetipps geben können – es steht keine Marketingfirma dahinter, die dir sagt, wo du hinfahren sollst“, sagt Jenny Engström von der Svenska Turistföreningen. Mindestens bis zum 6. Juni, dem schwedischen Nationalfeiertag, soll die Nummer noch bestehen bleiben. "Es ist eine tolle Idee, ich kann mein Englisch und mein Deutsch aufbessern“, sagt Joakim Bourdette.

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Einladung zum Elch-Dinner

 

Der 19-jährige Stockholmer büffelt im Moment fürs Abitur und hat deshalb zwar nicht immer Zeit, ans Telefon zu gehen, ist aber von dem Projekt begeistert. "Es macht echt Spaß.“ Den Menschen am anderen Ende der Leitung empfiehlt er eine Bootsfahrt raus ins Stockholmer Archipelago oder einen Besuch in den kleinen Dörfern rund um die schwedische Hauptstadt.

Knapp drei Minuten dauern die Telefonate über die schwedische Nummer im Durchschnitt. Manchmal unterhält sich Hasse Lundgren aber auch eine halbe Stunde – und so gut, dass er seine Gesprächspartner zum Elch-Dinner ins verschneite Skellefteå einlädt.

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