Behinderte wegen Begleithundes des Ladens verwiesen

Er erleichtert ihr den Alltag, doch beim Einkauf in einem Spielwarenladen wurde ihr Assistenzhund einer behinderten Frau zum Handicap.
von  dpa
Als Grund habe ein Mitarbeiter angegeben, wegen des Verkaufs von Babynahrung würden Hunde in dem Laden nicht geduldet – auch nicht die als Begleithund eingesetzte Labrador-Hündin. (Symbolbild)
Als Grund habe ein Mitarbeiter angegeben, wegen des Verkaufs von Babynahrung würden Hunde in dem Laden nicht geduldet – auch nicht die als Begleithund eingesetzte Labrador-Hündin. (Symbolbild) © dpa

Schwabach/Straßburg  – Mitarbeiter verwiesen sie des Ladens. Trotz Entschuldigung der Firma beschäftigt der Fall jetzt die Politik. Wegen ihres Begleithundes hat eine Spielwarenkette einer Rollstuhlfahrerin den Zutritt zu ihrer Filiale in Schwabach verweigert. Als sie dennoch das Geschäft betrat, sei sie des Ladens verwiesen worden, berichtete die 52-jährige Susanne Pichert aus Schwabach.

Als Grund habe ein Mitarbeiter angegeben, wegen des Verkaufs von Babynahrung würden Hunde in dem Laden nicht geduldet – auch nicht die als Begleithund eingesetzte Labrador-Hündin. Die 52-Jährige sagte, sie sei über das Verhalten des Mitarbeiters beschämt und verärgert gewesen. Selbst eine Bescheinigung, die die Hündin als ausgebildeten Assistenzhund für Behinderte ausweise, habe der Mitarbeiter der Spielwarenkette ignoriert. Auf ihre Beschwerde-E-Mail hin habe die Firmenleitung nur ausweichend geantwortet. Der EU-Abgeordnete Martin Kastler (CSU), zu dessen Wahlkreis Schwabach gehört, bewertet das Verhalten des Firmenmitarbeiters als „unmenschlich und diskriminierend“. Dieser Umgang mit Begleithunden sei leider kein Einzelfall, „da die deutsche Gesetzgebung das nicht klar regelt“, hieß es in einer Mitteilung. Er habe deshalb im Fall Pichert Beschwerde bei der Europäischen Grundrechtsagentur in Wien eingelegt.

In einer parlamentarischen Anfrage an die Europäische Kommission fordert der CSU-Politiker zugleich eine „einheitliche Anerkennung von Begleit- und Blindenhunden als medizinisches Hilfsmittel“. Klärungsbedarf sieht auch der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Karl Freller. In einer Anfrage möchte er von der Staatsregierung wissen, „ob nicht rechtlicher Handlungsbedarf zur Vermeidung solcher Vorfälle besteht“.

Das Unternehmen distanzierte sich am Mittwoch „von jeder Form der Diskriminierung“. Eine Sprecherin der Spielwarenkette sagte nach Rücksprache mit der Filialleitung, die Kundin sei vom Personal darauf hingewiesen worden, dass wegen der Lebensmittel und Hygieneartikel im Sortiment Tieren ein Betreten der Filiale nicht erlaubt sei. Mitarbeiter hätten ihr aber angeboten, Artikel für sie zusammenzustellen. Später habe sich das Unternehmen bei der Frau schriftlich für das Verhalten der Mitarbeiter entschuldigt. Das Personal der Filiale sei inzwischen „im Umgang mit beeinträchtigten Kunden“ nachgeschult worden. Sofern die Kundin über eine entsprechende Ausnahmegenehmigung für das Mitführen eines Assistenzhundes verfüge, „werden wir uns dem selbstverständlich nicht verschließen“, betonte die Firmensprecherin. „Die Kundin (und ihr Begleithund) sind bei uns herzlich in der Filiale willkommen.“

Die behinderte Schwabacherin berichtete, sie sei wegen ihrer Multiple-Sklerose-Erkrankung von der in Österreich ausgebildeten Labrador-Hündin „Laguna“ völlig abhängig. „Sie zieht mir die Schuhe und Handschuhe aus, holte mir das Telefon und öffnet mir die Türen. „Ich bin auf "Laguna" praktisch rund um die Uhr angewiesen“, erläuterte Pichert. Die Ausbildung der Hündin habe 14 000 Euro gekostet. Das Geld hätten Bürger ihrer Heimatstadt im Rahmen einer Spendenaktion aufgebracht.

 

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