Becherbach: Material von "Pulver-Kurt" in die Luft gejagt
BECHERBACH - „Pulver-Kurt“ sammelte leidenschaftlich Waffen und Sprengstoff. Wegen Explosionsgefahr müssen die 600 Bewohner eines Dorfs in Rheinland- Pfalz ihre Häuser verlassen. Die Polizei jagt den Sprengstoff kontrolliert in die Luft. In den Ort kann wieder Ruhe einkehren.
Mit seiner Sammelleidenschaft hat ein 62-Jähriger eine ganzes Dorf in Lebensgefahr gebracht. Handgranaten, Maschinenpistolen und Sprengstoff – das Waffenarsenal des Rentners aus dem rheinland-pfälzischen Hundsbach reichte aus, um einen kleinen Krieg zuführen: In dem 500-Seelen Dorf Becherbach lagerten rund 50 Kilo Sprengstoff, wie das Innenministerium bekannt gab. Die Polizei spricht vom „vermutlich bundesweit größten Waffen- und Sprengstoff-Fund bei einem Privatmann.“ Der Waffennarr war als „Pulver-Kurt“ oder „Militaria-Freak“ im Ort bekannt. Welche Ausmaße seine gefährliche Besessenheit annahm, will keiner gewusst haben.
Letzte Woche bekam die Polizei den Tipp auf das „brisantes Material“. Ein Volltreffer: Im Haus des 62-Jährigen und an weiteren Orten fanden die Ermittler unter anderem 50 scharfe Kriegswaffen mit 100000 Schuss Munition. Weil der Platz für sein Kriegsspielzeug nicht ausreichte, mietete der 62-Jährige eine Scheune in Becherbach: Dort fand die Polizei am Samstag ein Panzerfahrzeug und den Sprengstoff. Das Nitroglyzerin-ähnliche Gemisch kann bei der kleinsten Erschütterung in die Luft gehen. Einige Waffen stammen laut Polizei aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.
„Das hat doch jeder gewusst, dass der Mann ein Waffensammler ist und in den Wald geht, um Krieg zu spielen“, sagte eine Anwohnerin der Zeitung „Die Rheinpfalz“. „Jeder sah ihn mal samstags mit Militärfahrzeugen mit roten Nummernschildern rumfahren“, berichtet ein Bauer.
Bei der Hausdurchsuchung am Dienstag erlitt der Waffennarr einen Kreislaufzusammenbruch. Bei der Vernehmung schweigt er. Was sich jeder fragt: Weshalb lagerte er eine derart tödliche Sprengladung in einer Ortschaft und was plante der Mann mit den Waffen?
Etwa 600 Menschen mussten am Samstag das Dorf verlassen. Dann brachte ein Kampfmittel-Räumungstruppe den hochexplosiven Zündstoff mit Robotern auf eine Wiese. Um kurz nach 6Uhr abends heulten die Sirenen, dann erhellte ein Lichtblitz das Land. Die Druckwelle der kontrollierten Explosion war kilometerweit zu spüren. „Eine Armee voll Schutzengel war hier unterwegs“, sagte einer der Entschärfer. Die übrigen Kriegswaffen wurden in einem Bunker der Bundeswehr gebracht.
Nach weiteren Untersuchungen konnten die Bewohner am Sonntagmorgen wieder in ihre Häuser zurückkehren.
Der Rentner hat laut Polizei einen Schwarzpulverschein. Der berechtigt ihn aber nur mit bestimmten Mengen an Sprengstoff zu hantieren. Jetzt wird gegen Pulver-Kurt wegen eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetzes ermittelt. Auch gegen seinen Sohn und einen weiteren Mann wird ermittelt.jo
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