Baby auf Bestellung
Erstmals haben britische Ärzte das Brustkrebs-Gen aus einem menschlichen Embryo entfernt. Und die nächsten Eltern warten schon. Ethikverbände und Kirchen warnen vor dem „Designer-Kind“.
LONDON Irgendwo in Großbritannien wird in dieser Woche ein Baby geboren. Es ist nicht irgendein Baby. Es ist ein Designer-Kind. Das erste, das nach einer genetischen Auswahl ohne Brustkrebs-Gen geboren wird.
In der Familie des 30-jährigen werdenden Vaters waren die Großmutter, die Mutter und die Schwester an Brustkrebs erkrankt – die Ärzte vermuteten, dass auch der Vater das BRCA-1-Gen, das für das Entstehen von Brustkrebs verantwortlich gemacht wird, vererben wird. Das Risiko einer Erkrankung des Kindes läge dann bei 50 bis 85 Prozent. "Wir wollten das unserem Baby ersparen", sagt die 27-jährige Mutter, die ungenannt bleiben will.
"Wir haben den Defekt aus dem Stammbaum getilgt."
Und so wandten sich die beiden Briten an den Reproduktionsmediziner Paul Serhal vom Londoner University College Hospital. Er führte eine künstliche Befruchtung durch, untersuchte die insgesamt acht Embryonen nach drei Tagen auf das Risiko-Gen. Die sechs Embryonen, die BRCA-1 aufwiesen, wurden vernichtet, die zwei gesunden eingepflanzt. Eins überlebte, es soll diese Woche geboren werden. Wenn’s ein Mädchen ist, wird es vermutlich nicht an Brustkrebs erkranken. Und ein Bub kann das kranke Gen nicht weitervererben. "Wir haben den Defekt aus dem Familienstammbaum getilgt", sagt Mediziner Paul Serhal stolz.
Kirchen und Ethikverbände kritisierten die Methode: "Was kommt da als nächstes?", sagt Josephine Quintavalle vom Verein "Comment on Reproductive Ethics". "Das wird irgendwann bei der Erschaffung von Designerbabys enden."
Tatsächlich behandelt Paul Serhal schon die nächsten Patienten: Ein Mittdreißiger-Paar, das an krankhaft hohem Cholesterinspiegel leidet. Ihr Spross soll ohne das entsprechende Gen aufwachsen. Die "Human Fertilisation and Embryology Authority", die zuständige Aufsichtsbehörde, hat die Behandlung bereits genehmigt. Ein Dammbruch, sagen Kritiker. Denn manche Krankheiten – wie zu hohes Cholesterin und Arterienverkalkung – lassen sich auch durch eine gesunde Lebensweise vermeiden. Bisher waren Gen-Experimente nur bei schweren Defekten erlaubt.
Ohnehin ist Großbritannien im Umgang mit menschlichen Embryonen so liberal wie kein anderes Land. In Deutschland ist die genetische Selektion von Babys verboten.
Annette Zoch
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