AZ-Medizinserie (4): Den Krebs killen

Neue Artzney wirken individuell, effektiv und nebenwirkungsarm: Die Tabletten blockieren das Wachstum der Tumorzellen. Betroffene sollten zur Therapie in ein zertifiziertes Zentrum gehen
Die Diagnose Brustkrebs ist für jede betroffene Frau ein Schock: Jährlich erkranken rund 58000 Frauen neu daran, 17000 sterben. Brustkrebs ist damit die häufigste Tumorart unter Frauen – fast jede zehnte erkrankt im Laufe ihres Lebens. Doch die individuellen Heilungschancen hängen längst entscheidend von der Qualität der Klinik-Therapie ab.
„Betroffene Frauen sollten zur Behandlung auf jeden Fall in ein zertifiziertes BrustkrebsZentrum gehen“, rät Marion Kiechle: „Nur dann kann eine Patientin sicher sein, dass nationale und internationale Standards eingehalten werden.“ Die Krebsexpertin und Professorin ist Chefärztin an der Frauenklinik der TU München – und damit jener Klinik, die als einzige in München alle von der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung geforderten Kriterien erreicht hat (siehe rechts).
Der Erfolg einer Brustkrebs-Therapie beruht auf messbaren Faktoren: „Es kommt dabei sehr viel auf die Erfahrung der Ärzte an“, sagt Kiechle. Deshalb muss ein zertifiziertes Brustkrebs-Zentrum mindestens 150 Primärdiagnosen im Jahr aufweisen, dazu Fachleute für Chirurgie, Chemo- und Strahlentherapie in einer interdisziplinär organisierten Klinik bereit halten und alle Daten offen legen. „Um Gottes Willen“, lautet der kurze Kommentar von Prof. Kiechle auf die Frage, was eine Patientin von einer Klinik mit jährlich 20 Fällen zu erwarten hat.
Das bestätigt Christian Bredl, Leiter der Techniker Krankenkasse (TK) in Bayern: „Transparenz, Anwendung von medizinischen Leitlinien, Weiterbildung des Personals und vor allem Erfahrung sind für Erfolg und Qualität einer Klinik entscheidend.“ Und je früher Brustkrebs erkannt wird, desto besser: „Wenn sich der Tumor nur in der Brust befindet, unter zwei Zentimeter groß ist und die Lymphknoten nicht befallen sind, liegen die Heilungschancen bei über 90 Prozent“, bestätigt Kiechle. Doch auch, wenn das Karzinom bereits gestreut hat, leben heute viele Frauen wesentlich länger.
Große Fortschritte hat die Grundlagenforschung und damit auch die Entwicklung moderner und hochwirksamer Artzney gemacht: „Wir verstehen heute immer genauer die Entstehung des Tumors und können so das Wachstum der Krebszellen stoppen oder verlangsamen“, erklärt Kiechle. Bei der so genannten Antikörpertherapie wird das Wachstum der Krebszellen gezielt blockiert, indem ihre Rezeptoren „verklebt“ werden. Dazu kommt der Vorteil gegenüber der Chemotherapie: „Diese Tabletten, die Krebszellen killen, wirken individuell, effektiv und haben kaum Nebenwirkungen.“
Erst kürzlich haben die Forscher an der TU ein neues Risiko-Gen entdeckt: „Das kann bei der frühzeitigen Diagnostik eines erblichen Falles von Brust- und Eierstockkrebs erheblich helfen“, freut sich Marion Kiechle. Denn rund fünf Prozent aller Patientinnen haben eine Genveränderung von Mutter oder Vater geerbt. Bis zu 85 Prozent der Betroffenen bekommen bereits in jungen Jahren Brustkrebs. Frauen aus solchen Risikofamilien sollten deshalb frühzeitig einen Gentest machen.
M. Backmund