Autofahrerinnen sind Rebellen

In Saudi-Arabien dürfen Frauen nicht ans Steuer. Am Samstag sind aus Protest einige trotzdem gefahren. Sie müssen jetzt mit hohen Strafen rechnen.
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Was diese Frau tut, ist verboten: In Saudi-Arabien dürfen Frauen nicht Autofahren. Viele machen trotzdem ihren Führerschein in den benachbarten Golfstaaten.
dpa Was diese Frau tut, ist verboten: In Saudi-Arabien dürfen Frauen nicht Autofahren. Viele machen trotzdem ihren Führerschein in den benachbarten Golfstaaten.

 

Kairo/Riad „Autofahren ist schädlich für die Eierstöcke und führt vermehrt zu Geburten mit Missbildungen“, behauptet der Berater des Psychologen-Verbands der Golfstaaten, Scheich Saleh bin Saad al-Luhaidan. So absurd diese Behauptung im Westen wirken mag, für die Frauen in Saudi-Arabien ist das Autofahrverbot kein Scherz, sondern tägliche Realität.

Bereits zweimal haben sich Aktivistinnen gegen das Fahrverbot in Saudi-Arabien aufgelehnt und sind am 26. Oktober 1991 und 2011 trotz Verbot Auto gefahren. Am Samstag hatte die Gruppe „Women2Drive“ wieder zu einem Aktionstag aufgerufen. Möglichst viele Frauen im islamischen Königreich sollten an diesem Tag das anachronistische Verbot missachten und sich demonstrativ hinters Steuer klemmen.

Wie viele dem Aufruf Folge leisteten, lässt sich nicht abschätzen. Einige ließen sich dabei filmen und stellten rund ein Dutzend Kurzfilme ins Internet. Ein 46-Sekunden-Clip aus Isha, einer saudischen Ost-Provinz, zeigt eine vollverschleierte Frau, die entspannt am Steuer sitzt: „Ich fahre mit meinen Schwestern und mache Besorgungen, so brauchen sie nicht zu warten, bis der Chauffeur kommt. Ich habe einen Führerschein und kann fahren, wir sind nicht in Gefahr“, sagt sie mit fröhlicher Stimme in die Handykamera.

Was die Frau so selbstverständlich macht, ist in Saudi-Arabien gefährlich. Die Initiatorinnen der Aktion hatten zuvor ihren Aufruf aus Vorsicht vor den Warnungen des Innenministeriums zurückgenommen. Die Behörden hatten ein hartes Durchgreifen angekündigt. Großflächige Polizeikontrollen blieben aber aus, wie Augenzeugen berichteten. Dennoch wurden insgesamt 14 Autofahrerinnen festgenommen, wie die Zeitung „Al-Madina“ am Sonntag vermeldete. Ihnen droht möglicherweise eine heftige Geldstrafe.

In einem Land mit unterentwickeltem öffentlichen Verkehrssystem sind Frauen abhängig von Chauffeuren, die extra bezahlt werden müssen. Einige machen dennoch in den benachbarten Golfstaaten ihren Führerschein, dürfen aber nicht fahren. Andere Gesetze engen sie noch mehr ein: ohne „Vormund“, das heißt Ehemann oder männlichen Blutsverwandten, dürfen sie keine Verträge unterschreiben, ja sich nicht einmal in der Öffentlichkeit zeigen.

Technische Veränderungen und wirtschaftliche Globalisierung ziehen auch Saudi-Arabien in ihren Sog. Die Auswirkungen auf den Lebensalltag treffen die Frauen besonders hart, weil sie unverändert in das Korsett der puritanischen religiösen Gesetze und Regeln gezwängt bleiben. Doch der mächtige ultra-konservative islamische Klerus sträubt sich gegen jede Veränderung. In jedem kleinsten Zugeständnis sieht er eine Bedrohung für die gottgewollte Herrschaft des Hauses Saud.

Doch das Fahrverbot für Frauen ist in Saudi-Arabien mittlerweile umstritten. Fast 20000 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten die Petition der „Women2Drive“-Kampagne. Weibliche Abgeordnete des Schura-Rates – solche gibt es überhaupt erst seit Jahresbeginn - verlangten, die Aufhebung des Fahrverbots auf die Tagesordnung zu setzen. Doch der Schura-Rat ist ein rein beratendes Gremium, dessen Mitglieder von König Abdullah ernannt werden.

Die Unterstützung der fahrenden Frauen zeigt sich nicht nur durch Unterschriften für die Aufhebung des Fahrverbots. Ein Mann hat seine Frau bei ihrer Protestfahrt begleitet. Begeistert ruft er in die Kamera „Kommt hervor Mädchen und macht mit!“

Eine Sympathisantin zwitscherte im Internet gegen die absurden Argumente der Frau-am-Steuer-Gegner: „Ich fahre seit 6 Jahren Auto, habe seitdem 2 Kinder, und meinen Eierstöcken geht es bestens“, twitterte Sabiha Mahmud.

 

 

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