Aus für Flatrate-Bordell?
STUTTGART/FELLBACH - Die Freier zahlen 70 Euro – und bekommen dafür so viel Sex, wie sie möchten. Jetzt will die Politik eingreifen. Bei einer Razzia werden die Bordelle durchsucht.
Einmal zahlen und dann unbegrenzt nutzen – so funktionieren Flatrates fürs Telefon, Internet oder auf Partys. Und seit Anfang Juni auch ein Bordell in einem Industriegebiet in der Nähe von Stuttgart. 70 Euro untertags und 100 abends zahlen Freier. Dafür bekommen sie das volle Programm. Doch bald könnte das vorbei sein.
„Sex mit allen Frauen – solange du willst, so oft du willst und wie du willst“: So wirbt der „Pussy Club“, der Ableger in Heidelberg, Berlin und Wuppertal hat. Baden-Württemberg will diesem Treiben jetzt ein Ende setzen. „Wenn man deren Werbung ernst nimmt, ist von einem Verstoß gegen die Menschenwürde der dort arbeitenden Prostituierte auszugehen“, sagte Justizminister Ulrich Goll (FDP) dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Aus seiner Sicht sei das Selbstbestimmungsrecht der Frauen in den Bordellen in Heidelberg und Fellbach verletzt.
Den Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm zitierte das Magazin mit den Worten, man arbeite „unter Hochdruck daran, den Betrieb des Fellbacher Flatrate-Bordells in der jetzigen Form zu beenden“.
„Aktionsbündnis gegen Sex-Flatrates“ wettert gegen die Bordelle
Bei einer Razzia wurde die vier Einrichtungen durchsucht. Es herrsche den Verdacht, dass die Betreiber Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen hätten und ausländische Prostituierte ohne Genehmigung beschäftigten. Außerdem soll es „hygienische Missstände“ geben.
Inzwischen hat sich sogar ein „Aktionsbündnis gegen Sex-Flatrates“ gegründet, und auch Menschenrechtsorganisationen und Kirche verurteilen das Angebot als Sklaverei und „menschenverachtend“. Die Frauen würden zur Ware, die keinen Wunsch der Männer ablehnen dürften.
Das sehen die Damen des Pussy-Clubs freilich ganz anders. Denn öfter als zwei, drei Mal könne eh keiner der Männer. Die Kritik, dass der Pussy-Club auch alle Sexualpraktiken zum Pauschaltarif anbietet, für die Freier sonst extra zahlen, sei nicht gerechtfertigt. Schließlich, schreibt Geschäftsführerin Patricia Floreiu, könne sich jede ihrer Angestellten ihre Kunden aussuchen. Denn genau wie die werden auch die Prostituierte bezahlt – nach Pauschale, egal, mit wie vielen Männern sie tatsächlich schlafen.
Cocolina, Roxana und 75 andere Damen wehren sich mit einer Anzeige in überregionalen Tageszeitungen: „Wir sind sehr wohl in der Lage, selbst zu entscheiden, was, wo und wie lange wir unter welchen Bedingungen arbeiten. Wir brauchen weder Belehrungen noch Stimmungsmache, sondern fordern eine sachliche Auseinandersetzung.“
cl
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