Auf der Suche nach dem Glück
Warum Kaminkehrer bei abergläubischen Menschen hoch im Kurs stehen – ihre Legende
Glückssucher finden ihn häufiger als ein vierblättriges Kleeblatt oder ein Hufeisen: den Kaminkehrer. Abergläubische Menschen hoffen, es bringe Glück, wenn man die goldenen Knöpfe seiner Jacke reibt, ihn küsst oder ihn anfasst. Für Realisten ist dagegen nur eins sicher: Das bringt schmutzige Hände. Trotzdem stellen frisch Vermählte ihn sich gerne an die Seite, und auch bei der Glückslotterie ist er oft Pate.
„Es kommt regelmäßig vor, dass ich Lottoscheine ausfüllen muss“, sagt Schornsteinfeger-Meisterin Julia Fritsch (24) aus Hannover. „Und es wird mir auch versprochen, dass ich an dem Gewinn beteiligt werde. Aber es hat sich noch niemand nach der Ziehung gemeldet.“
Der Kaminkehrer als Glücksbringer – das stammt aus der Zeit, als der Schornstein in einem Haus nicht schmuckes Beiwerk, sondern lebensnotwendig war. War er verstopft oder zog schlecht, konnte weder gekocht noch geheizt werden. Der schwarze Mann brachte Rettung und damit das Glück zurück und verhinderte zudem Hausbrände.
Dazu entwickelte sich eine mystische Legende: In einer vom Aberglauben geprägten Zeit glaubten die Menschen noch, dass der schwarz gekleidete Kaminkehrer mit dem Teufel im Bunde ist – und somit böse Geister vertreiben kann.
„Aus Dank wurde dem Berufsstand im 17. Jahrhundert in England der Zylinder verliehen“, sagt der Leiter einer der größten deutschen Schornsteinfegerschulen in Langenhagen, Peter Theißen. Nach dem Motto: An dem Hut erkennt man den Stand in der Gesellschaft. Er selbst habe mittlerweile zwei Dutzend im Schrank. „Das sind alles Geschenke von Witwen, die keinen Bedarf mehr hatten.“
Derzeit gibt es bundesweit 8000 Betriebe mit 20 000 Kaminkehrern und Lehrlingen. „Wer mit Menschen nicht umgehen kann, hat in diesem Beruf nichts verloren“, heißt’s bei einem Innungsverband. Freundlichkeit und Sauberkeit seien noch wichtiger als die Fachkompetenz. „Schließlich dringen wir in die Privatsphäre der Menschen ein und bekommen oft sogar den Hausschlüssel, um die Messungen durchzuführen.“
Und wie abergläubisch sind die Kaminkehrer selbst? Julia Fritsch: „Den Zylinder habe ich mir schenken lassen. Das bringt Glück.“ aj
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