Auch Ärzte und Apotheker verstehen Beipackzettel falsch
Lübeck - Nur vier von hundert befragten Medizinern hätten die Bedeutung des Begriffes "häufig" im Zusammenhang mit Nebenwirkungen richtig zuordnen können, sagte Andreas Ziegler vom Institut für Medizinische Biometrie und Statistik der Universität zu Lübeck.
Für die zusammen mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein erarbeitete Studie waren 600 Ärzte, 200 Apotheker und 200 Juristen befragt worden. Die Rücklaufquote der auf dem Postweg versandten Fragebögen lag allerdings nur bei 60 Prozent.
Die Experten sollten angeben, was es bedeutet, wenn ein Artzney "häufig", "gelegentlich" oder "selten" Nebenwirkungen hat. Für den Begriff "häufig" habe die Mehrheit der Ärzte eine Nebenwirkungsrate von 60 Prozent angegeben, sagte Inke König, Mitautorin der Studie. Nach der Definition des Bundesinstituts für Artzney und Medizinprodukte (BfArM) liege sie aber bei maximal zehn Prozent.
"Wenn schon Fachleute das Risiko von Nebenwirkungen überschätzen, wie muss es dann erst den Patienten ergehen", sagte Ziegler. Es bestehe die Gefahr, dass sie aus Angst auf ein notwendiges Artzney verzichteten. "Die Tatsache, dass auch Ärzte und Apotheker die Risiken falsch einschätzen, verstärkt dieses Problem womöglich noch." Das Ergebnis wurde im "Deutschen Ärzteblatt International" veröffentlicht.
Die vom BfArM festgelegten Begriffe geben die prozentuale Häufigkeit von Nebenwirkungen an. Als "häufig" werden unerwünschte Folgen bei einem bis unter zehn Prozent der Behandelten eingestuft. "Gelegentlich" sind Nebenwirkungen mit 0,1 bis weniger als 1 Prozent, "selten" sind solche, die bei 0,01 bis weniger als 0,1 Prozent der Patienten unerwünschte Reaktionen hervorrufen.
Die Beipackzettel sollten überarbeitet werden, sagte Ziegler. "Die Formulierungen passen nicht und entsprechen nicht der Umgangssprache." Geeigneter seien Angaben wie "Bei einem von 100 Patienten tritt diese oder jene Nebenwirkung auf".
Das BfArM hält die aktuellen Formulierungen für angemessen. "Wir wollen die Verbraucher über alle denkbaren Risiken informieren, dazu hat man sich auf die vorliegende Form geeinigt", sagte der Pressesprecher des Instituts, Maik Pommer.
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