Amanda Knox kämpft für ihre Freiheit: Können diese Augen lügen?

PERUGIA - Sie soll 26 Jahre hinter Gittern bleiben: In Perugia kämpft die Amerikanerin Amanda Knox vor Gericht dafür, dass ihre Verurteilung wegen Mordes aufgehoben wird. Welche Chancen hat der „Engel mit den Eisaugen?
Sie lächelt sanft, schaut scheu in die Runde und zieht die Ärmel ihrer blauen Kapuzenstrickjacke über die Hände – kein Zweifel, Amanda Knox macht auf unschuldiges Girlie. Dazu trägt ihr auch nach einem Jahr Gefängnis noch fabelhaftes Aussehen bei. Doch die 22-jährige Amerikanerin weiß um den Ernst der Stunde: Vor einem Jahr in Perugia wegen eines spektakulären Mordes zu 26 Jahren Haft verurteilt, kämpft die junge Frau seit Mittwoch darum, in der Berufungsverhandlung doch noch frei gesprochen zu werden.
Rückblende: Im November wird die aus England stammende Studentin Meredith Kercher (21) tot in ihrer Wohnung in der mittelitalienischen Stadt gefunden. Ihre Kehle ist durchschnitten, ihr Körper mit mehr als 40 Messerstichen übersät, sie ist halbnackt und war vergewaltigt worden.
Schnell fällt der Verdacht auf ihre Freunde Amanda Knox, den Italiener Raffaele Sollecito und Rudy Guede von der Elfenbeinküste. Wurde Meredith vergewaltigt und getötet, weil sie sich weigerte, bei Sexspielen mitzumachen?
Die Ermittler stoßen darauf, dass es die Studenten-Clique rund um Amanda und Meredith häufig und gerne krachen ließ. Fernab der amerikanischen Heimat geht um wilde Partys, Sex-Spiele, Suff und Drogen.
In dem einen Jahr, die die Ermittlungen dauern, steigt die zunächst nur verdächtige, dann angeklagte Amanda Knox zum Medienstar auf.
Ihr jungmädchenhaftes Aussehen, ihre schlanke Figur, ihre stahlblauen Augen lassen sie wahlweise zum „Engel mit den Eisaugen“ oder zur „schönen Mörderin“ werden. Im Internet wird sie zum Kult, in ihrem Heimatland werden „Free Amanda“-Tassen und T-Shirts verkauft. Doch das lässt die Richter unbeeindruckt. Im Dezember 2009 verurteilen sie den „Engel“ – gestützt auf Indizien – zu 26 Jahren Gefängnis, den mitangeklagten Rafffaele zu 25 Jahren. Rudy Guede war bereits vorher in einem abgetrennten Verfahren bereits zu 30 Jahren Haft verurteilt worden.
Doch schon damals gab es Zweifel – nicht nur bei der Verteidigung. Die werden jetzt in der Berufungsverhandlung zur Sprache kommen.
So sei nie rekonstruiert worden, was in der Tatnacht tatsächlich geschah, es gab keine Beweise, kein Motiv und keine Zeugen. Und: Die Verteidigung will beweisen, dass die Klinge der angeblichen Tatwaffe gar nicht zu den tödlichen Verletzungen von Meredeth Kercher passen.
Amanda Knox hat immer ihre Unschuld beteuert – stets mit dem irritierenden Lächeln einer Sphinx. mh