Alptraum auf brennender Adria-Fähre

Athen/Rom - Hunderte Menschen haben auf einer brennenden Fähre in der Adria stundenlang verzweifelt auf Hilfe gewartet. Das Schiff "Norman Atlantic" mit 478 Menschen an Bord hatte am Sonntagmorgen vor der griechischen Insel Korfu Feuer gefangen. Ein Mann starb vermutlich beim Sprung über Bord, mehrere Menschen wurden verletzt. Bis zum Abend konnten rund 160 Menschen gerettet werden, darunter eine Schwangere und Kinder. Stürmischer Wind, Wellen und dichter Qualm erschwerten die Rettung. An Bord sollen auch 18 Deutsche gewesen sein. Auf dem Schiff der griechischen Anek Lines waren nach Medieninformationen wenige Tage zuvor Mängel festgestellt worden.
Das Schiff war auf dem Weg von Patras in Griechenland nach Ancona in Italien. Zuletzt trieb es vor der albanischen Küste. Vermutlich entzündete sich das Feuer am Sonntag in den frühen Morgenstunden im Autodeck. Der Grund dafür blieb zunächst unklar.
Das Feuer breitete sich schnell über das Schiff aus, Augenzeugen schilderten im griechischen Rundfunk die Hitze und die Verzweiflung an Bord. "Der Boden brannte, als wir zum Rettungsboot gingen", sagte Athina, die gerettet wurde, im Sender Skai.
Das Schiff befand sich zum Zeitpunkt des Unglücks etwa 44 Seemeilen nordwestlich von Korfu. Eine andere Adria-Fähre und mehrere Frachter, die in der Nähe waren, eilten zur Hilfe. Das Fernsehen zeigte Bilder, wie Hubschrauber Menschen aus dem Wasser zogen. Auch Schiffe der Marine sollten helfen. Am Abend konnte ein Schlepper an Bord des immer noch qualmenden Schiffs festmachen. Die Rettung sollte die ganze Nacht weitergehen.
Newsticker zum Nachlesen zur "Norman Atlantic“: Feuer auf Adria-Fähre - 18 Deutsche an Bord
Das griechische Ministerium für Handelsschifffahrt teilte mit, die Menschen würden einzeln mit Hubschraubern ausgeflogen. Die meisten Passagiere stammten aus Griechenland, aber auch Italiener, Schweizer, und Österreicher waren dabei. Das Auswärtige Amt in Berlin war wegen deutscher Passagiere im Kontakt mit den Botschaften in Rom und Athen.
Zwei gerettete Frauen, eine davon schwanger, und drei Kinder kamen in ein Krankenhaus in der süditalienischen Region Apulien. Die Kinder seien halbnackt im Wasser gewesen und litten an Unterkühlung, es gehe ihnen allen aber den Umständen entsprechend gut, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Die Eltern von zwei anderen geretteten Kindern seien noch auf der "Norman Atlantic".
Ein griechischer Journalisten sagte Skai, dass 31 Personen, darunter Kinder, auf die Adria-Fähre "Cruise Europa" ausgeflogen worden seien, mit der er selbst unterwegs gewesen sei, als der Notruf eintraf. Ansa berichtete unter Berufung auf den Kapitän, die brennende Fähre treibe in Richtung Albanien. Das Schiff sei manövrierunfähig.
Passagiere meldeten sich via Handy und schilderten im Radio ihre Notlage. "Niemand kann etwas machen", sagte ein Mann dem griechischen Radiosender Skai. Weitere griechische Medien berichteten, Rettungsboote seien abgetrieben worden, bevor Menschen hätten einsteigen können. "Die Leute sind verzweifelt und schreien", sagte ein weiterer Zeuge im Fernsehen.
Auf dem Schiff wurden sollen viele Mängel festgestellt worden sein, wie Medien berichteten. Bei einer Inspektion am 19. Dezember seien unter anderem unzureichende Rettungsmittel, undichte Sicherheitstüren und der Zustand der Notbeleuchtung moniert worden, gehe aus einem Bericht der Hafen-Kontrollorganisation Paris Mou hervor. Der Reederei wurde laut griechischen Medien eine Frist eingeräumt, die Mängel zu beheben. Diese Frist war noch nicht verstrichen.