ADAC fürchtet weitere Fälschungen bei "Lieblingsauto"-Wahl
Club-Präsident Peter Meyer schließt eine gefälschte Platzierung der Fahrzeuge bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen nicht aus.
München - Der ADAC geht möglichen weiteren Manipulationen bei seinem Autopreis "Gelber Engel" nach. Man könne derzeit nicht sicher sagen, ob auch daran gedreht worden sei. Das sagte Meyer in einem Interview der ADAC-Mitgliederzeitschrift "Motorwelt". Damit wäre der Preis unter Umständen für Modelle vergeben worden, die gar nicht gewählt wurden.
Bisher hatte es geheißen, der inzwischen abgetretene ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter habe lediglich die Stimmenzahl nach oben frisiert, die Reihenfolge der Fahrzeuge aber sei nicht betroffen. "Wir haben das Eingeständnis, dass die Zahl der absoluten Stimmen, nicht aber die Reihenfolge der Preisträger verändert wurde", sagte Meyer. "Ob das der Wahrheit entspricht, soll die Untersuchung ans Licht bringen, mit der wir externe Prüfer federführend beauftragt haben."
Die Experten des Wirtschaftsprüfers Deloitte gingen derzeit auch allen übrigen Kategorien des Autopreises "Gelber Engel" auf den Grund, betonte der ADAC-Präsident. "Unsere Mitglieder und die gesamte Öffentlichkeit haben das Recht auf umfassende Aufklärung und einen kompromisslosen Reformprozess."
Die Februar-Ausgabe der "Motorwelt" mit dem Titel "Die Krise als Chance" setzt einen thematischen Schwerpunkt bei der Aufarbeitung der Vorwürfe und der geplanten Erneuerung des Autoclubs. Sie wurde von Freitag an per Post zugestellt und landet in diesen Tagen bei den Mitgliedern im Briefkasten; die Reichweite liegt bei über 15 Millionen Lesern.
Nach dem "Deutschlandtrend" im ARD-Morgenmagazin vom Freitag sind 67 Prozent der Bürger der Meinung, der ADAC solle sich stärker auf die Pannenhilfe konzentrieren. Nur jeder vierte Befragte (24 Prozent) findet es demnach richtig, dass der Club auch Finanzdienstleistungen oder Autovermietungen anbietet. Infratest dimap hatte im Auftrag des ARD-Morgenmagazins 1000 wahlberechtigte Bundesbürger befragt.
Fast täglich waren in den vergangenen Wochen neue Fragen rund um den Autoclub aufgetaucht. Der ADAC steht auch wegen Hubschrauberflügen von Spitzenvertretern in der Kritik, unter ihnen Meyer selbst. Am Donnerstag waren zudem Vorwürfe eines ADAC-Mitarbeiters im Zusammenhang mit Badegewässeruntersuchungen in den 1990er Jahren bekanntgeworden. Der Mitarbeiter behauptet, Informationen zur Wasserqualität an bestimmten Badestränden seien "über Jahre hinweg aus den betroffenen Zielgebieten finanziert und beeinflusst worden". Der ADAC kündigte eine sofortige Prüfung der Vorwürfe an.
"Wir nehmen sämtliche Vorwürfe sehr ernst und werden nicht ruhen, bis alles aufgeklärt ist - mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit des ADAC wiederherzustellen", versprach Meyer in dem Interview. Er bekräftigte den Reformwillen des Autoclubs. So dürften auch Führungskräfte künftig keine Reservemaschinen der ADAC-Rettungshubschrauber mehr dienstlich nutzen: "Zukünftig fliegen Hubschrauber ausnahmslos Rettungseinsätze."
Sollte sich herausstellen, dass bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen auch beim Ranking manipuliert wurde, droht dem ADAC ein weiterer Imageschaden. Dann könnten die Autohersteller die Preise vergangener Jahre zurückgeben. Bisher hatte es etwa bei VW dazu geheißen, man warte erst den Fortgang der Aufklärung ab. Der VW Golf hatte die bislang letzte Wahl zum "Lieblingsauto der Deutschen" gewonnen.
Die Manipulationen beim "Gelben Engel" und Hubschrauberfluge von Spitzenvertretern sind auch Gegenstand einer Vorprüfung der Staatsanwaltschaft. Ein reguläres Ermittlungsverfahren gebe es bisher aber nicht, sagte ein Sprecher am Freitag. Geprüft werden auch die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Untersuchung von Badegewässern in den 1990er Jahren. "Wir prüfen den Sachverhalt umfassend."