Achtung, Alarmglocken: Burn-Out im Job

Wenn der Job krank macht: Burnout bei Olympiapark-Boss Wilfrid Spronk und Rosenstolz. Was Betroffene sagen, wie Experten helfen können.
Ich kann nicht mehr von Null auf Hundert gehen“, sagt der eine, der 63-Jährige. „Die Entscheidung für diese unfreiwillige Pause fällt sehr schwer“, wird der andere, 22 Jahre jüngere zitiert. Zwei Männer – ein Syndrom: Burnout! Über Jahre haben der Manager und der Künstler Schindluder an ihrem Körper getrieben, sich im Büro und auf der Bühne verausgabt. Bis die Ärzte die Notbremse gezogen haben.
Für Olympiapark-Boss Wilfrid Spronk läuft Münchens Bewerbung um die OlymischenSpiele 2018 nun ohne ihn (AZ berichtete). Bei „Rosenstolz“-Sänger und Komponist Peter Plate und seiner Partnerin AnNa R. läuft in diesem Jahr vermutlich gar nichts mehr. Die geplanten Sommer- und Herbstkonzerte der Erfolgs-Band mit den positiv-frechen „Ich bin ich“-Botschaften sind abgesagt, auch alle TV-Termine, wie der „Wetten, dass“-Auftritt am 28. Februar (Reamonn springt ein).
"Kreative müssen länger abschalten"
„Das muss eine sehr schwere Störung sein“, sagt Psychotherapeuten Michael Soyka, der in seiner Schweizer Klinik eine Burnout-Abteilung hat. „Bei einem entsprechenden Management klingen die Beschwerden meist schneller ab. Allerdings“, so räumt er ein, „gelten bei Menschen mit großer Kreativität andere Maßstäbe. Die müssen länger abschalten.“
Treffen kann das innere Ausgebranntsein jeden, der „vorher für etwas gebrannt hat“, sagt Soyka. Und sein Hamburger Kollege Hans-Peter Unger ergänzt: „Gefährdet ist, wer versucht, alles perfektionistisch unter einen Hut zu kriegen, hohe Ansprüche an sich stellt.“ Besonders anfällig sind Menschen in sozialen und medizinischen Berufen, die sich für andere aufopfern, aber wenig Anerkennung bekommen. So berichtete eine Krankenschwester und dreifache Mutter kürzlich bei „Maischberger“: „Nach 23 Jahren Nachtschicht hatte ich Angst, den Tag nicht mehr bewältigen zu können. Ich hatte Schlafstörungen, keinen Lebensmut.“ Hans-Peter Unger kennt das von seinen Patienten: „Wer richtig auf dem Burnout-Prozess drauf ist, verliert die Kontrolle über sich.“
Das erleben in Zeiten der Finanzkrise immer mehr Menschen, sagt Michael Soyka. „Ich habe zunehmend Patienten mit körperlichen und psychischen Beschwerden. Menschen, die in großen Firmen plötzlich nicht mehr gebraucht werden. Ältere, die auf einmal etwas ganz Neues machen sollen.“
Nur eines hilft: Sich nicht wie eine Zitrone ausquetschen
Gegen Tunnelblick und Sinnkrise hilft nur eins, sind sich die Experten einig: sich nicht mehr wie eine Zitrone ausquetschen (lassen), sondern wieder die eigene Lebensqualität entdecken. Das geht nur mit fachärztlicher Hilfe – und nicht von heute auf morgen. „Wichtig“, so Michael Soya, „ist es, auf den Körper zu hören, schon auf die kleinsten Symptome zu reagieren.“
Wilfrid Spronk hat „noch rechtzeitig die Alarmglocken“ gehört und eine „erfolgreiche“ Therapie hinter sich. „Rosenstolz“-Frontman Peter Plate (1. Hit „Gib mir Sonne“), verheiratet mit einem Songwriter, hat sie noch vor sich. „Er braucht nun Zeit zur Bestandsaufnahme“, sagt Hans-Peter Unger, Psychiatrie-Chef der Asklepios-Klinik, „muss klären, was strategisch für ihn zählt, was nicht.“ Der Titel des aktuellen Rosenstolz-Albums ist Programm: „Die Suche geht weiter“.
Renate Schramm