Abschied von der Glühbirne: Licht aus - Spott an!
Deutschland nimmt Abschied von der Glühlampen: Ab Samstag werden in den Läden nur noch die Restbestände verkauft – dann ist Schluss mit heimeliger Helligkeit. Die giftige Energiesparlampe soll fortan in deutschen Wohnungen funzeln und ihr kaltes Licht verbreiten – eine Polemik
Leb wohl, Birne. Die 100er ist schon weg, die 75er und die 60er auch, ab dem Samstag sind dann die letzten ihrer Art, die 40er- und die 25er-Glühbirnen, verboten. Verboten. Wie Kinderpornos oder Heroin. Während es zum Beispiel erlaubt bleibt, Panzer an Diktaturen zu liefern. Oder überteuerte Einweg-Kaffeepads zu verkaufen. Oder mit spritfressenden Geländewagen 500 Meter zum Bäcker zu fahren.
Ausgerechnet an den Glühbirnen wird ein Exempel der ökologischen Korrektheit statuiert. Weil sie ein paar Prozent weniger der Energie in Licht verwandeln, werden sie komplett und europaweit verbannt. Vielleicht könnte man auch Toaster verbieten? Das verbraucht auch mehr Energie, als wenn man das Brot so isst. Unter all den Millionen von Elektrogeräten, unter all den Milliarden von Energieverbrauchern bannt man genau dieses winzige Promille.
Die freie Marktwirtschaft mag ihre Nachteile haben (Stichwort Finanzkrise), aber wenn ausgerechnet und ausschließlich im Beleuchtungssektor eine Zwangsplanwirtschaft eingeführt wird, erinnert man sich auch wieder an ihre Vorteile. Nämlich, dass jeder kaufen kann, was er mag.
War doch eigentlich ein ideales System: Wer die herkömmlichen Glühbirnen lieber mag, nimmt halt die. Wen die Sparlampen nicht stören, der kann sie ja kaufen.
Aber mich stören sie. Das Licht ist grauenvoll. Ja, immer noch. Da mögen die Befürworter jubeln, dass es jetzt schon ein bisschen besser geworden ist mit dem weiß-kaltem Licht. Mag sein, dass es nicht mehr extrem scheußlich ist, sondern nur noch sehr scheußlich, aber warum darf ich mir nicht einfach die angenehme Variante in meine private Wohnung hängen? Ich bin es ja, die Stunden darunter sitzt, und ja, ich würde mich dabei gerne wohlfühlen. Das fällt mir in warmen Licht einfach leichter als in dieser Forschungslabor-Stimmung. Man muss die Welt nicht kälter machen, als sie ist. Die gute alte Birne ist heimelig – und sexy. Und sie schafft nicht diese Art von Helligkeit, die nur Spurensicherer an Tatorten brauchen, um Blutreste zu identifizieren.
Und ich finde es auch angenehm, dass das Licht dann angeht, wenn man es anmacht. Natürlich kann man sich antrainieren, beim Heimkommen gleich das Licht in der Küche anzuschalten, damit sie bis zur Bereitung des Essens langsam mal hell genug ist.
Aber praktisch war es schon, als man einfach den Schalter umgelegen konnte und man was gesehen hat. Eine Errungenschaft der Technik, von der nicht klar ist, warum man jetzt wieder darauf verzichtet. Das gilt erst recht für die Sicherheit. Man könnte meinen, die verbessert sich mit dem Fortschritt. Aber, passend zu all ihren anderen Eigenschaften (bis auf ein paar Prozentpunkte Effizienz), hat sich die neue Generation der Glühbirnen auch hier verschlechtert. Bei den alten sollte man halt aufpassen, dass man nicht reintritt, wenn man sie hat fallen lassen. Bei den neuen sind die Quecksilberdämpfe so giftig, dass man tunlichst aus dem Raum flüchten sollte. Die als besonders öko durchgedrückten Lampen dürfen – auch wenn sie ganz sind – nicht mal in den Hausmüll, weil sie so schädlich sind.
Wie gesagt: Wen das nicht stört, soll sie gern kaufen. Nur der Zwang ist das Problem. Und nicht nur meins, wenn man all die fröhlichen anarchischen Versuche betrachtet, das Verbot zu umgehen. Hübsch waren die „Heizbälle“, die beim Wärmen des Raums nur zufällig auch Licht machten, und den Glühbirnen seltsamerweise zum Verwechseln ähnlich waren. Oder die Speziallampen für den Außeneinsatz, die gerne auch innen Dienst tun. Natürlich alles wieder sofort verboten.
Jetzt sollen sogar extra Kontrolleure in die Läden ausschwärmen, um sicherzustellen, dass nicht doch heimlich jemand eine Außenlampe fürs Wohnzimmer kauft. Wie gut, dass es keine anderen Probleme gibt.
200 Jahre Historie gehen zu Ende
Die ersten Bemühungen, durch eine Glühlampen Licht in die Häuser zu bringen, datieren von 1835: 34 Jahre zuvor war entdeckt worden, dass Metalldrähte hell glühen, wenn man Strom hindurch leitet, der Schotte James Brown Lindsay machte nach diesem Prinzip eine Glühbirne. Zunächst setzte man auf Platinglühfäden - die strahlten aber erst ab 1770 Grad Celsius. Thomas Alva Edison meldete 1880 die Glühlampen mit Kohlefaden aus Bambusfasern zum Patent an – seit mehr als 100 Jahren werden jetzt Glühfäden aus Wolfram benutzt.
Von Dylan bis Disney
Die Glühbirne ist Geschichte – Kulturgeschichte war sie schon länger. Einige Beispiele:
- Seit 1901 brennt in Livermore bei San Francisco eine Kohlefaden-Glühlampe in einer Feuerwache – Thomas Pynchon widmete ihr ein Kapitel seines Buchs „Die Enden der Parabel“.
- Was ist Ihre Botschaft? Bob Dylan antworte darauf 1969: „Denk selbst drüber nach und habe immer eine Glühbirne dabei.“ Ein heller Kopf.
- Seit 1956 steht das Helferlein – eine clevere Glühlampen – Daniel Düsentrieb zur Seite. Ursprünglich eine kaputte Glühbirne aus dem Haushalt von Donald, die mit Intelligenzstrahlen in Berührung kam.
- Eine Deckenlampe findet sich auch auf Picassos „Guernica“ – das einzige Element des Bildes, das auf die Moderne hindeutet. Auf Spanisch ist das ein Wortspiel: la bombilla heißt Glühbirne, la bomba die Bombe.
- „Ich erblickte das Licht dieser Welt in Gestalt zweier Sechzig-Watt-Glühlampen“, sagt Oskar Matzerath in „Die Blechtrommel“. Das ist künftig ausgeschlossen.