Abgefahren: 125 Jahre Automobil

Wie Carl Benz mit seinem „armseligen, unzuverlässigen, lautlärmenden Maschinenkasten“ einen beispiellosen Siegeszug einläutete, „obwohl es doch genügend Pferde gibt“.
von  Abendzeitung
Illustration
Illustration © BMW

Wie Carl Benz mit seinem „armseligen, unzuverlässigen, lautlärmenden Maschinenkasten“ einen beispiellosen Siegeszug einläutete, „obwohl es doch genügend Pferde gibt“.

Geliebt, gehasst, bewundert, verteufelt. Das Auto lässt (fast) keinen kalt. Es gilt bei seinen Befürwortern als wichtigster Motor unserer Gesellschaft, bei Kritikern als übler Klima-Killer. Es macht Millionen von Menschen mobil – und kostete im letzten Jahr knapp 4000 Menschen in Deutschland das Leben. Seit exakt 125 Jahren gibt es offiziell Automobile – seit Carl Benz, ein genialer Konstrukteur aus Mannheim, seinen „Motorwagen“ patentieren ließ. Ein simpler Verwaltungsakt mit weitreichenden Folgen.

Heutzutage tüfteln Tausende von Ingenieuren in den Denkfabriken und Forschungszentren der Auto-Konzerne an Themen wie Verbrauchsreduzierung oder alternative Antriebe. Zu Carl Benz’ Zeiten hatte die Auto- Produktion noch einen ganz anderen Charme: „Klein und bescheiden fing das Geschäft an, Wurzeln zu schlagen“, schrieb er in seiner „Lebensfahrt eines deutschen Erfinders“ über die Anfänge seiner steilen Karriere. Mit Geschäft meinte er seine 1871 gegründete „Mechanische Werkstätte“, in der nicht mehr und nicht weniger als Weltgeschichte geschrieben wurde.

Benz hatte eine Vision – die ihn mit der „Allgewalt der forschenden Spürkraft“ erwischte: Er wollte fahren. Und zwar ohne Pferd. Und ohne Muskelkraft.

Ein Unterfangen, dessen Schwierigkeitsgrad man sich in Zeiten von Computer-Simulationen, perfekten Werkstoffen, mikrometergenauen Maschinen und gewaltigem Wissen überhaupt nicht mehr vorstellen kann. Benz ruhte nicht eher, bis sein Lebenstraum im Frühjahr 1885 „greifbare Form und lebensfähige Gestalt“ angenommen hatte. Verborgen vor den Blicken der Allgemeinheit, im Fabrikhof, wurde der dreirädrige Motorwagen zum ersten Mal gestartet und bewegt. Nachdem einige Kinderkrankheiten besiegt waren, traute sich Carl Benz auch auf die Straße.

Was er dort erleben musste, beschrieb er in seinen Memoiren so: „Das Staunen und Bewundern schlägt um in Mitleid, Spott und Hohn. Wie kann man sich in einen unzuverlässigen, armseligen, lautlärmenden Maschinenkasten setzen, wo es doch genug Pferde gibt auf der Welt?“

Kein Wunder: Bei seiner wackeligen Konstruktion mit dünnen Speichenrädern, ohne Dach und mit einem rund 100 Kilo schweren Motor, dessen Leistung von weniger als einem PS gerade mal für Tempo 16 reichte, waren Pannen an der Tagesordnung, mussten die Beifahrer schon bei leichten Steigungen schieben. Und das sollte die Zukunft der Mobilität sein?

Ungeachtet aller Rückschläge und Anfeindungen ließ der Firmenchef seine Erfindung am 29. Januar 1886 patentieren. Und tüftelteweiter. Mit Erfolg: Trotz diverser Probleme meisterten seine Frau und seine beiden Söhne schon zwei Jahre später mit dem Motorwagen Nummer 3 die schier unvorstellbar weite Strecke von Mannheim nach Pforzheim. 100 Kilometer – die erste Langstreckenfahrt der Automobilgeschichte.

1888 stellte Carl Benz seinen Motorwagen erstmals auf der Münchener Gewerbe- und Industrieausstellung aus. Mit viel Diplomatie schaffte er es, dass ihm der gestrenge Polizeihauptmann die inoffizielle Genehmigung gab, mit seinem Automobil durch die Stadt zu tuckern. „Welch grenzenloses Staunen! Wie ein Wunder wurde der Selbstbewegliche begrüßt und umjubelt“, freute sich Benz. Mit der „Großen Goldenen Medaille“ im Gepäck kehrte er nach Mannheim zurück.

Kein Wunder, dass der geniale Konstrukteur München in guter Erinnerung behielt – und das auch dokumentierte: 1906 stiftete er sein Motordreirad Nummer1 dem Deutschen Museum. Im Verkehrsmuseum auf der Theresienhöhe nimmt das Pionier-Gefährt einen Ehrenplatz ein.
Rudolf Huber

Wir lassen uns fahren!

Wie wird das Auto der Zukunft ausschauen? Wie wird es angetrieben, wie wird es gesteuert? Fragen, auf die heute weder Ingenieure noch Zukunftsforscher konkrete Antworten geben können. Ein Grund: Kein Mensch kann vorhersagen, wann der Durchbruch bei der Batterie-Entwicklung kommt. Wann also Akkus eine ums Vielfache höhere Speicherfähigkeit und Haltbarkeit haben werden als jetzt – und das zu deutlich niedrigeren Preisen. Dann das ist Voraussetzung für einen wirklichen Siegeszug der Elektro-Autos. Bis es so weit ist, wird die Zahl der Hybrid-Fahrzeuge massiv steigen. Es werden Brennstoffzellen- Fahrzeuge, E-Mobile mit Reichweiten- Verlängerern in Form eines Mini-Motors (wie beim Audi A1 E-Tron) auf den Markt kommen. Und natürlich werden Benziner wie Diesel noch einmal deutlich sparsamer.

Die Elektronik wird im Auto der Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Umgebung wird intensiviert – bis hin zum Automobil, das seinen Namen wirklich verdient: Weil es sich selbsttätig ohne Eingreifen des Piloten im Straßenverkehr bewegt. Aber das dauert noch ein paar Jahrzehnte. hu

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.