»A Näga-Hoibe als Apparativ«

Mittwoch in München und das ganze Jahr ausgebucht – Wie Monika Gruber mit bayerischem Humor zum deutschen Comedy-Star wurde
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„Gruberin, gell?“ Monika Gruber am Viktualienmarkt.
Martha Schlüter „Gruberin, gell?“ Monika Gruber am Viktualienmarkt.

Mittwoch in München und das ganze Jahr ausgebucht – Wie Monika Gruber mit bayerischem Humor zum deutschen Comedy-Star wurde

VON TINA ANGERER

Die vier älteren Herren strahlen. Einer hält Monika Gruber die Wirtshaustür auf: „Damit Sie auch sehen, dass es noch Kavaliere gibt unter den Männern.“ Monika Gruber lacht sie an: „Damit ich netter bin zu den Männern in meinem nächsten Programm, oder?“ Hier in der Münchner Innenstadt, rund um ihren geliebten Viktualienmarkt, ist Monika Gruber, auch wenn sie das nicht gerne hört, ein Promi. Die Leute sind freundlich, manche rufen nur rüber: „Gruberin, gell?“ und nicken zufrieden. Beim „Sedlmayr“ bestellt sie Schweinswürschtl mit Kraut, und obwohl der Wirt extra einen großen Tisch reserviert hat, sagt sie auf die Frage zweiter Damen, ob noch was frei ist, sofort: „Ja klar.“

So ganz als Star fühlt sie sich noch nicht, die Aufsteigerin der deutschen Comedy. Als kürzlich der „Spiegel“ bei ihr angerufen hat, fragte sie den Redakteur: „Habt’s ihr jetzt schon Sommerloch?“ Hatten sie nicht, das Nachrichtenmagazin wollte nur die Senkrechtstarterin aus Bayern, genauer aus Tittenkofen, Landkreis Erding, näher vorstellen, die auf der Bühne und im Fernsehen „brilliert“. Innerhalb weniger Jahre hat sie sich über kleine Wirtshausbühnen in die großen Hallen gespielt. Am Mittwoch und morgen tritt sie im – ausverkauften – Theaterzelt „Das Schloss“ in München auf.

Für den BR ist die 36-Jährige eine sichere Bank in den Comedy-Formaten am Freitagabend. Der Sender zeigte auch ihr Soloprogramm „Hauptsach’ g’sund“ in voller Länge. Sie spielte auf dem Tollwood vor dreieinhalb tausend Leuten, im April sehen sie wieder tausende im Circus Krone – selbstverständlich ist der Auftritt ausverkauft, wie die ganzen nächsten Monate auch. Bei ihrem ersten Tollwood-Auftritt glaubte sie es selbst kaum: „Wie ich die Leute alle gesehen hab’, hab’ ich kurz gedacht: Hoffentlich wissen die alle, dass ich das bin und nicht die Shakira“.

Manche in der Branche sprechen schon vom „weiblichen Mittermeier“. Johannes B. Kerner hat sie in seine Sendung eingeladen. In Franken und in Österreich tritt sie schon länger auf, inzwischen häufen sich die „internationalen Anfragen“, sprich: Sachsen, Thüringen, Norddeutschland, Berlin. Mit ihrem neuen Programm, das im Herbst Premiere hat, wagt sie sich in den „wilden Norden“.

Egal, ob hundert Zuschauer oder tausend, Monika Gruber live heißt: Keine Kostüme, keine Musik, keine Lightshow, nicht mal einen Stuhl oder einen Mikroständer hat sie.

Eine Frau, die ohne Mittermeiersches Gehampel dasteht und spricht, vom tückischen Alltag und den Gedanken einer Frau Mitte 30. Akrobatisch ist sie nur mit Mimik und Stimme. Mit dieser Stimme, die immer ein bisschen knarzt, „weil die Stimmbänder nicht ganz schließen, das hab’ ich von meiner Mama.“ Angefangen hatte sie als „Kellnerin Monique“ im „Kanal Fatal“, seitdem wird sie immer wieder mit der berühmten „Ratschkathl“, der Münchnerin Volksschauspielerin Ida Schumacher (1895 - 1956) verglichen. „Am liebsten hab’ ich von Ida Schumacher immer die Trambahnritzenreinigungsdame gehört“, sagt Gruber beim Gang über den Viktualienmarkt, wo der Ratschkathl ein Brunnen gewidmet ist. Seit Monika als Kind mit ihrer Mutter jeden München-Ausflug dort begann, ist der Markt ihr Lieblingsplatz.

Mittwoch versteckt sich Monika Gruber nicht mehr hinter der Kellnerin Monique oder einer anderen Figur. Sie benutzt keinen Dutt und keine Kittelschürze. Genau da liegt eine Kraft ihrer Komik. Eine moderne, intelligente, gutaussehende Frau, die urbairisch-deftig draufhaut, die das Stammtisch-Milieu vorführt und sich deren Sprache bedient. Ausdrücke wie „greislige oide Schoaßwiesn“ und „gichtiger Grippe“ wären auf hochdeutsch mit älterer, etwas trampelhafter Dame und nicht mehr taufrischem, charakterlich zweifelhaften Mann nur unzureichend übersetzt. Wenn Gruber den Erdinger Proll nachmacht, der sich beim Edel-Italiener vor dem Essen ein Cola-Weizen bestellt, fasst sie sich in den Schritt, zieht den Rotz hoch und sagt: „Geh weida, bringst ma ois Apparativ a Näga-Hoibe!“

„Man kann den Leuten auch aufs Maul schauen, ohne auszusehen, als würde man sich die Klamotten aus dem Altkleidercontainer holen“, sagt sie. Auch ein Dirndl würde sie „niemals“ auf der Bühne tragen. „Ich brauch’ nicht künstlich auf bayerisch machen. Auch moderne Leute reden Dialekt und sie sind deswegen nicht automatisch dodschig“, sagt sie. Das „Deppen-Image“ der Bayern, wie sie es nennt, will sie nicht bedienen.

Ein einziges Mal hat die Bauerntochter einer Homestory zugestimmt. „Irgendein Blattl, Frau am Herd, oder Frau im Rückspiegel.“ Sie ließ sich in Stallkluft fotografieren. „Im Text kam ich so rüber, als würde ich jeden Tag die Gummistiefel anziehen und die Viecher füttern. Dabei hab ich immer meinen Job gehabt.“

Und zwar ziemlich lange den ganz falschen. „Ich wusste immer, dass ich eines Tages Schauspielerin werde“, sagt sie. Doch erstmal lernte sie Fremdsprachenkorrespondentin, dann arbeitete sie im Büro. „Ich habe wohl gedacht, Franz Xaver Bogner wird schon kommen und sagen: Du bist genau die Richtige für meine neue Serie. Irgendwann stellst du fest: das passiert nicht.“

Mit 27 Jahren schmeißt sie ihren Job hin, einfach so. „Ich hatte das Gefühl: ich verschwende mein Leben.“ Da sie für fast alle Schauspielschulen zu alt ist, bewirbt sie sich bei Ruth von Zerboni – ohne einen Klassiker vorbereitet zu haben. Statt dessen spielt sie vor, wie sie und ihr Chef im Büro miteinander reden. Die Jury lacht, nimmt sie auf und fragt: „Haben Sie schon mal dran gedacht, Kabarett zu machen?“

Auf der Schauspielschule begegnete sie auch Lisa Fitz, die dort ein Seminar zum Thema Kabarett gibt. Die Teilnehmer sollen Fitzsche Texte darbringen. Nach Grubers Beitrag sagt die Fitz: „Das war aber nicht von mir.“ – „Nein, das war von mir.“ – „Respekt.“ sagte die Fitz.

„Ihre Texte waren schon damals witzig. Das ist bei Anfängern sehr selten“, sagt Lisa Fitz in der AZ. „Monika begeht eine Grenzlinie zwischen Comedy und Kabarett. Sie hat den Mut, frech zu sein, den Mut, zu spotten, das fehlt vielen Frauen.“

Eine neue Fitz ist Gruber nicht. Sie ist nicht politisch, auch wenn mal ein kleiner Gag über die Merkel fällt, oder über den Kultusminister. „Feminismus“ ist für sie ein schreckliches Wort. „Da seh’ ich immer so Geschäftsfrauen in Hosenanzug-Uniform vor mir, die glauben, sie müssten genauso wie Männer sein.“ Gruber erzählt in ihren Programmen einfach von einer Frau, nämlich von sich, und von Männern, der Mama, der Kindheit auf dem Bauernhof, der Schönheit von Heidi Klum und dem Ärger mit dem Navigationssystem – Komik für Jedermann. „Sie ist kraftvoll und direkt. Ich habe sie live gesehen und mich amüsiert – was mir bei Frauen nicht oft passiert“, sagt Lisa Fitz.

Die berühmte Frage, warum es so wenige Komikerinnen gibt – Gruber sagt: „Frauen trauen sich und ihrem Witz zu wenig zu. Und sie wollen zu oft nett sein.“ Aber nett sein, das sei der Tod des Witzes: „Ich will eine Frau sehen, die auf die Bühne geht und ein Fass aufmacht, ohne sich dafür zu entschuldigen. Und wenn ich der Meinung bin, dass Leute, die ihre Kinder Pablo Herodes Che Huckenberger nennen, einen Schlag haben, dann sag’ ich das und komm’ nicht damit daher, dass die ja vielleicht eine schlechte Kindheit hatten.“

Wenn sie das so sagt, blitzt die energische Bühnen-Gruberin durch. Privat ist sie, wie sie selbst sagt, „der friedlichste Mensch der Welt.“ Auch wenn die vier älteren Herren am Viktualienmarkt ihr nachlaufen und fragen. „Dürften wir Sie auf einen Espresso einladen?“, lässt sie die Kratzbürste stecken: „Mei, des is nett, aber grad jetzt hob’ i koa Zeit.“

AZ Verlosung

Heimat is für mich da, wo die Leut wissn, dass ,Auszogne’ was zum Essen ist und keine Hausfrau, die sich auf der Freisinger Landstraß’ was dazu verdient.’“

Solche Ausführungen gibt es in Monika Grubers Programm „Hauptsach’ G’sund“, das auf DVD (17 €) und CD (15 €) erschienen ist. Die AZ verlost zehn DVD. Schreiben Sie an: gewinnaktion@abendzeitung.de

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