25 Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama
Gladbeck - Nach einem missglückten Banküberfall startet das brutale Duo in Gladbeck im nördlichen Ruhrgebiet am 16. August 1988 eines der spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Bis zum 18. August 1988 kreuzen die beiden durch die damals noch geteilte Republik, kapern in Bremen einen Linienbus mit rund 30 Geiseln, geben Journalisten Interviews. Als die Polizei an der Autobahnraststätte Grundbergsee die Komplizin und Gangster-Freundin Marion Löblich abfängt, stellen die Verbrecher ein Fünf-Minuten-Ultimatum.
Die Zeit verstreicht, und Degowski erschießt den 15-jährigen Emanuele de Georgi, der sich in dem Bus schützend vor seine kleine Schwester gestellt hatte. Es war nicht gelungen, Löblich rechtzeitig die Handschellen wieder abzunehmen, weil etwas mit dem Schlüssel nicht stimmte - einer sei abgebrochen, sagte sie später aus. Der Bus fährt weiter in die Niederlande. Bei der Verfolgung verunglückt ein Polizist tödlich, ein weiterer wird schwer verletzt. Ein dpa-Reporter wird von den Gangstern beschossen und leicht verletzt.
In den Niederlanden werden Löblich und der Busfahrer verletzt. Die Täter erpressen ein neues Fluchtauto und setzen mit der Geisel Silke Bischoff und ihrer Freundin die Fahrt fort. Sie geben in der Kölner Fußgängerzone eine bizarre "Pressekonferenz". Die Polizei kann den umlagerten Fluchtwagen nicht stürmen. Ein Journalist steigt zu den Gangstern in den Wagen und lotst ihn aus der Stadt. Später wird der Deutsche Presserat festlegen, dass Interviews mit Straftätern während der Tat nicht sein dürfen.
Als nach 54 quälenden Stunden der Zugriff einer Spezialeinheit bei Bad Honnef erfolgt - die Gangster hatten Köln verlassen und wollten nach Frankfurt -, haben die Beamten die Fernbedienung vergessen, mit der sie den Motor der schweren Flucht-Limousine ausschalten wollten. Sie müssen den Wagen in einem waghalsigen Manöver bei Tempo 100 auf der Autobahn rammen. Es kommt zu einer heftigen Schießerei, bei der die 18-jährige Silke Bischoff stirbt - durch eine Kugel aus Rösners Waffe.
In der Folge tagen in Bremen und Düsseldorf Parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Der Bremer Innensenator Bernd Meyer (SPD) tritt wegen des Geiseldramas zurück. Die Polizei organisiert sich für solche Ereignisse neu, trifft länderübergreifende Absprachen.
Seither sitzen Rösner (56) und Degowski (57), zu lebenslanger Haft verurteilt, in nordrhein-westfälischen Gefängnissen. Degowski hat seine Mindesthaftzeit von 24 Jahren verbüßt, er will auf Bewährung freikommen. Die Haftprüfung ergibt zwei Tage vor dem Jahrestag des Gladbecker Banküberfalls, dass der in Werl einsitzende Mörder auf ein Leben in Freiheit erst noch vorbereitet werden muss. Degowski wird also nicht kurzfristig aus dem Gefängnis freigelassen, kann aber hoffen. Die Angehörigen der Opfer sind dagegen.
Rösner soll noch mindestens zwei weitere Jahre absitzen. Außerdem wurde er 2009 zusätzlich zu sechs Monaten Haft verurteilt, nachdem in seiner Zelle sieben Gramm Heroin entdeckt worden waren. Mittäterin Löblich hat ihre Strafe von neun Jahren längst abgesessen. Wegen Morddrohungen wurde sie mit einer neuen Identität ausgestattet.