190 Tote nach Hauseinsturz in Bangladesch: Wütende Proteste

Nach dem Einsturz eines Fabrik- und Einkaufsgebäudes in Bangladesch haben Tausende Textilarbeiterinnen gegen die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen protestiert.
dpa |
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Dhaka - Bei dem Unglück in einem Vorort von Dhaka sind nach Angaben vom Donnerstag bislang 190 Leichen aus den Trümmern des achtstöckigen Gebäudes geborgen worden.

Die meisten Toten sind Frauen, die in den Textilfabriken arbeiteten. Hunderte Menschen könnten noch unter den tonnenschweren Betonteilen eingeschlossen sein, teilte die Polizei mit. Nach Berichten lokaler Medien wurden bei dem Einsturz am Mittwoch mehr als 1000 Menschen verletzt. Wie viele Menschen sich in dem Gebäudekomplex aufhielten, ist unklar.

Die wütenden Arbeiter forderten, die Verantwortlichen der Tragödie zur Rechenschaft zu ziehen. "Verhaftet sie! Hängt sie!", schrien sie. Tausende zogen durch die Gebiete Savar, wo das Gebäude stand, und Ashulia, wo im November bei einem Fabrikbrand 112 Menschen ums Leben kamen. Sie blockierten große Straßen und zerstörten nach Polizeiangaben mehrere Fahrzeuge. Hunderte belagerten auch den Hauptsitz der Vereinigung der Textilhersteller und -exporteure von Bangladesch. Am Mittwoch war bekanntgeworden, dass das Gebäude "Rana Plaza" Risse hatte. Überlebende berichteten, sie seien dennoch zur Arbeit gezwungen worden.

Der Donnerstag war von der Regierung zum offizieller Trauertag erklärt worden, die Fahnen hingen an den Regierungsgebäuden auf Halbmast. In Moscheen und Tempeln beteten die Menschen für die Opfer. Die Regierung versprach, sofort jeder Familie eines Toten umgerechnet etwa 200 Euro zukommen zu lassen, die Familien von Verletzten sollen etwa 30 Euro erhalten.

Textilarbeiterinnen berichteten, in dem Gebäude in einem Vorort der Hauptstadt Dhaka hätten mehr als 5000 Menschen Kleidung genäht. Weil das Haus aber bereits am Vortag Risse aufgewiesen hatte und die Polizei dazu aufrief, nicht mehr darin zu arbeiten, waren offenbar nicht alle Menschen an ihrem Arbeitsplatz.

Die Rettungsarbeiten mit schwerem Gerät gestalteten sich weiter schwierig. Jederzeit könnten weitere Teile der kreuz und quer liegenden Betonplatten umstürzen, sagte Brigadegeneral Mohammad Siddiqul Alam Sikder, der die Operation leitet. "Wir bohren Löcher durch die Decken und gehen hinein." Es werde gegraben, bis der letzte gefunden sei.

Helfer von Polizei, Feuerwehr, Zivilschutz, Militär und Hunderte Freiwillige reichten den Menschen, die noch in den Trümmern festsaßen, durch Risse und Spalten Wasser. Auch versuchten sie, Sauerstoff in die Hohlräume unter dem Trümmerberg zu blasen. "Ich will leben, bitte helft mir, hier herauszukommen", schrie ein Überlebender, der zwischen einer Säule und einer umgestürzten Wand gefangen war.

Unterdessen wurden am Donnerstag in einem weiteren Gebäude in der Hauptstadt Risse entdeckt. Daraufhin wurde das sechsstöckige Gebäude mit 5000 Textilarbeitern laut Polizei evakuiert. Auch im Industriegebiet Ashulia seien die Arbeiter in Panik aus drei Gebäuden gerannt, als sie Risse in den Wänden sahen, berichtete der Sender Somoy.

Die Polizei und die Entwicklungsbehörde von Dhaka haben zwei Klagen gegen den Besitzer des Gebäudes und die Betreiber der Textilfabriken eingereicht. Der Hausbesitzer wird beschuldigt, beim Bau des achtstöckigen Gebäudes strukturelle Fehler gemacht und minderwertiges Material verwendet zu haben. Die Textilfabrikanten sollen sich laut Polizei wegen Fahrlässigkeit verantworten.

Die Regierung hat vier Teams gebildet, die den Vorfall untersuchen soll. Innenminister Mohiuddin Khan Alamgir versprach, gerichtliche Schritte würden eingeleitet.

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